Nach mehr als 35 Jahren Saudi-Arabien hebt Verbot von Kinos auf
Riad (dpa) - Nach mehr als 35 Jahren hat Saudi-Arabien das Verbot von Kinos aufgehoben. Die ersten Lichtspielhäuser sollen bereits im kommenden März geöffnet werden, teilte das saudische Ministerium für Kultur und Information mit.
„Das markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung der Kulturwirtschaft im Königreich“, erklärte Kulturminister Auwad al-Auwad. „Die Eröffnung von Kinos wird ein Katalysator für wirtschaftliches Wachstum und Diversifikation sein.“
Damit unternimmt das islamisch-konservative Land einen weiteren Schritt in Richtung einer gesellschaftlichen Liberalisierung. Im September hatte König Salman bereits angeordnet, im nächsten Jahr das Fahrverbot für Frauen aufzuheben. Sie sollen ab Mitte 2018 ans Steuer dürfen. In der vergangenen Woche hatte zudem laut Medienberichten erstmals eine Sängerin ein öffentliches Konzert in Saudi-Arabien geben dürfen.
Das Kulturministerium in Riad geht davon aus, dass bis 2030 mehr als 300 Kinos mit rund 2000 Leinwänden eröffnet haben werden. Die Vision 2030 verfolge das Ziel, die Ausgaben der saudischen Haushalte für kulturelle und Vergnügungsaktivitäten bis zu diesem Jahr auf sechs Prozent zu verdoppeln, heißt es. Im selben Zeitraum sollten mehr als 30 000 dauerhafte Jobs entstehen. Das Königreich solle ein globales Ziel für Wirtschaft und Tourismus werden.
Die Gesellschaft des Landes ist geprägt durch den Wahhabismus, eine extrem konservative und puritanische Lesart des Islam. Vielen wahhabitischen Geistlichen gilt jede Art der Vergnügung als verpönt, weil sie vom Glauben an Gott ablenke. In der jüngeren Generation des Landes war der Reformdruck zuletzt jedoch stark gewachsen. Mehr als 40 Prozent der Saudis sind jünger als 25 Jahre alt.
Für die gesellschaftliche Liberalisierung ist Kronprinz Mohammed bin Salman verantwortlich. Der 32 Jahre alte Sohn des Königs gilt als eigentlicher starker Mann des Landes. Er verantwortet auch die so genannte Vision 2030, zu der auch die Aufhebung des Verbots von Kinos zählt. Ihr Hauptziel ist es, das Land von den Öleinnahmen unabhängiger zu machen und dafür neue Wirtschaftszweige aufzubauen.
Saudi-Arabien hatte die Kinos in den 1980er Jahren verbieten lassen. Damals setzte die Regierung auf eine zunehmend konservativere Politik. Sie reagierte damit auf einen Überfall, den eine Gruppe von Extremisten 1979 auf die Große Moschee in der für Muslime heiligen Stadt Mekka verübt hatte.