Schulz: Tsipras soll Rechtspopulisten aus Regierung werfen
Athen/Berlin (dpa) - Nach neuen verbalen Ausfällen gegen Berlin hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz dem Athener Regierungschef Alexis Tsipras den Rauswurf seines rechtspopulistischen Koalitionspartners nahegelegt.
Anel-Parteichef Panos Kammenos, der zugleich Verteidigungsminister ist, hatte zuvor in der „Bild“-Zeitung Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) attackiert und in die Nähe von Korruption gerückt.
Schulz betonte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Ich halte die jetzige Koalition der Linkspartei mit diesen Rechtspopulisten für einen Fehler.“ Dies habe er auch Syriza-Parteichef Tsipras bei ihrem Treffen am Freitag in Brüssel deutlich gemacht. Über Kammenos fällte SPD-Politiker Schulz folgendes Urteil: „Der Elefant im Porzellanladen erscheint mir verglichen mit Herrn Kammenos wie ein feinziselierter Diplomat.“
Unterdessen machten Gerüchte die Runde, dem griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis drohe die Entmachtung. Das berichtete die „Bild“ aus Athen. Dort traf sich Tsipras mit seinem Finanzteam und berichtete von seinem Besuch in Brüssel. Zudem wurde der EU-Gipfel in der kommenden Woche vorbereitet.
Varoufakis, der bei einer Konferenz in Italien weilte, nahm an der Sitzung nicht teil. Das bedeute jedoch nicht, dass er entmachtet sei, hieß es aus Kreisen der Regierung. Kritik erntete der Finanzminister für eine opulente Fotoserie mit seiner Frau in dem französischen Magazin „Paris Match“.
Zuvor hatte Varoufakis erstmals eine Verschiebung von Syriza-Wahlversprechen angedeutet, um die Geldgeber gnädiger zu stimmen. Athen muss bis Ende nächsten Monats eine Reform- und Sparliste vorlegen, um grünes Licht für ausstehende Kredithilfen zu bekommen.
Zu einem Rundumschlag gegen Schäuble holte Kammenos aus. Viele Griechen werfen dem deutschen Finanzminister vor, herablassend mit Athen umzuspringen. „Das ist wie ein psychologischer Krieg, und Schäuble vergiftet damit die Beziehungen zwischen beiden Ländern“, sagte Kammenos der „Bild“. Schäuble hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, dass Athen ungewollt, wie bei einem Unfall, aus dem Euro herausfliegen könnte.
Kammenos hielt Schäuble auch dessen Verwicklung in die frühere CDU-Parteispendenaffäre vor: „Wir Griechen erinnern uns genau, dass Herr Schäuble sein Amt als Parteivorsitzender aufgeben musste, weil er in einen Fall von Bestechung verwickelt war.“ Schäuble war im Jahr 2000 als CDU-Chef zurücktreten, weil er 1994 eine Bar-Spende von damals 100 000 Mark (gut 51 000 Euro) für die CDU angenommen hatte, die nicht ordnungsgemäß verbucht worden war.
Athen muss bis zum 20. März in zwei Raten weitere 842 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen und hätte damit die 1,5 Milliarden Euro IWF-Verpflichtungen für März erfüllt. Ökonomen vermissen jedoch eine klare Strategie. „Athen sitzt mit einem brennenden Feuerzeug auf dem Pulverfass“, meinte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher.