Sonderheft von „Charlie Hebdo“ mit Gott als Terrorist

Paris (dpa) - Mit ätzender Religionskritik ist die Sonderausgabe des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ zum Jahrestag des Mordanschlags auf seine Redaktion an die Kioske gegangen. Das 32 statt sonst 16 Seiten umfassende Heft erinnert an das Attentat islamistischer Terroristen am 7. Januar 2015 in Paris.

Die Ausgabe mit einem Gott als bewaffneter Täter auf dem Titel ist in einer Auflage von einer Million Exemplaren erschienen. Das Magazin wird auch international vertrieben. So werden in Deutschland 50 000 Exemplare angeboten, für Belgien sind 40 000 Hefte vorgesehen.

Ein islamistisches Mordkommando hatte am 7. Januar 2015 die Redaktion von „Charlie Hebdo“ überfallen. An den beiden Folgetagen wurden zudem eine Polizistin erschossen und ein Supermarkt für koschere Lebensmittel angegriffen. Die Terroristen töteten an den drei Tagen insgesamt 17 Menschen, darunter die prägenden Karikaturisten des Satireblattes. Auch die drei Islamisten kamen ums Leben.

Schon vor Erscheinen der Sonderausgabe des für seine harte Religionskritik bekannten Blattes gab es Protest von Kirchenvertretern und konservativen Politikern. Im Editorial kritisiert der als Riss zeichnende Laurent Sourisseau „vom Koran verblödete Fanatiker“, die wie „geweihte Ärsche anderer Religionen“ ein Ende des Magazins gewünscht hätten, weil es über Religiöses zu lachen wage.

Die Karikatur von Riss präsentiert Gott als Täter auf dem schwarzen Titel des Sonderheftes. „Ein Jahr danach - der Mörder ist immer noch auf freiem Fuß“ steht über der Zeichnung eines bärtigen alten Mannes mit dem göttlichen Dreieck nebst allsehendem Auge über dem Kopf. Das weiße Gewand ist blutbefleckt, auf dem Rücken trägt die wegrennende Figur eine Schnellfeuerwaffe, wie sie bei den islamistischen Anschlägen verwendet wurde.

Im Mittelteil der Sonderausgabe sind auch Arbeiten der ermordeten Zeichner Stéphane Charbonnier (Charb), Jean Cabut (Cabu), Bernard Verlhac (Tignous), Philippe Honoré und Georges Wolinski gedruckt.

Zum Jahrestag des Anschlags rief der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) zur Verteidigung der Pressefreiheit auf. „Die freie Presse muss sich weiterhin mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Angriffe wehren“, sagte Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff nach BDZV-Angaben. In vielen Ländern würden Journalisten und Verleger von diktatorischen Regimen drangsaliert, inhaftiert und getötet. Besorgniserregend seien auch zunehmend gewalttätige Angriffe aus dem rechtsradikalen Milieu auf Journalisten und Redaktionen. „Diese Entwicklungen fordern eine klare Haltung“, so Wolff.

Für den Deutschen Journalisten-Verband sagte der Vorsitzender Frank Überall: „Frankreich braucht „Charlie Hebdo“, wir alle brauchen kritische Medien, die sich nicht von der allgegenwärtigen Angst vor neuen Terroranschlägen einschüchtern lassen.“