Syriens Opposition kritisiert Arabische Liga
Damaskus/Kairo/Istanbul (dpa) - Nach heftiger Kritik der syrischen Opposition an ihrer Beobachtermission nimmt die Arabische Liga den Einsatz unter die Lupe. Am Samstag soll ein Ausschuss der Liga in Kairo eine Zwischenbilanz ziehen.
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Organisationskreisen erfuhr, ist dazu auch der umstrittene Leiter der Mission, der sudanesische General Mustafa al-Dabi, geladen. Oppositionelle verlangten am Dienstag erneut ein Eingreifen der Vereinten Nationen. Zugleich widersprachen Gegner des Regimes von Baschar al-Assad Berichten der Arabischen Liga, wonach Assad die Streitkräfte aus den syrischen Städten abgezogen habe.
Auch die US-Regierung zeigte sich vom bisherigen Verlauf des Beobachtereinsatzes enttäuscht. Die Gewalt gehe weiter, während die syrische Regierung bei weitem noch nicht alle ihre Zusagen an die Arabische Liga eingelöst habe, sagte die Sprecherin des US-Außenministerium, Victoria Nuland, am Dienstag in Washington. „Wir sind ernsthaft besorgt“, betonte sie.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy forderte den Rücktritt Assads. Der 46-Jährige müsse die Macht abgegeben und die Menschen frei über ihre Zukunft entscheiden lassen, sagte Sarkozy beim Besuch einer Militäranlage bei Lanvéoc in der Bretagne. Wegen der Massaker müsse die internationale Gemeinschaft die härtesten Sanktionen verhängen. Zudem müsse den Beobachtern der Arabischen Liga eine unabhängige und ordentliche Arbeit ermöglicht werden, sagte Sarkozy.
Der Liga-Ausschuss soll am Samstag unter dem Vorsitz Katars über die Ergebnisse der Inspektionen in Damaskus sowie in den Protesthochburgen Homs, Dara, Hama und Idlib beraten. Wegen der andauernden Gewalt in Syrien mehren sich die Stimmen, die den Abzug der Beobachter aus dem Land fordern.
Aktivisten veröffentlichten im Internet Videos, die ihren Angaben zufolge Milizionäre und Militärfahrzeuge am Dienstag in der Stadt Homs zeigen. In einem Video sagt ein Sprecher: „Dies ist die Antwort auf Nabil al-Arabi. (...) Heute morgen wurde hier noch auf die Wohnbevölkerung und auf Passanten geschossen.“
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, hatte am Montag erklärt, in Syrien werde zwar noch auf Regimegegner geschossen. Seit der Entsendung von Beobachtern der Liga nach Syrien sei jedoch das Militär aus den Protesthochburgen abgezogen worden.
Oppositionelle meldeten bis zum Abend zehn Tote in Homs, Hama und am Stadtrand von Damaskus. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte zudem mit, dass 18 Sicherheitskräfte bei Kämpfen mit Deserteuren getötet worden seien. Die Gefechte seien ausgebrochen, als Dutzende Soldaten in der Provinz Daraa desertieren wollten, hieß es.
Ein Vertreter der Liga in Damaskus sagte auf Anfrage, er erwarte demnächst die Ankunft von etwa 75 neuen Beobachtern. Von Kairo aus flogen am Vormittag 14 Delegierte - zwölf Iraker und zwei Tunesier - nach Damaskus. In der vergangenen Woche überprüften 60 Beobachter in Syrien die Lage. Ziel des Ende Dezember begonnenen Einsatzes ist es, das Blutvergießen in Syrien zu beenden.
Der Regimegegner Mohammed Maamun al-Homsi kritisierte die Liga und die Vereinten Nationen. Seit Beginn des Aufstands gegen Assad habe die Demokratiebewegung die internationale Gemeinschaft um Schutz der Zivilbevölkerung gebeten, sagte er der dpa. Doch die habe in den vergangenen zehn Monaten geschwiegen. Die UN forderte der Aktivist der Syrischen Gemeinde in Ägypten auf, umgehend ihre „moralische Verpflichtung“ zu erfüllen und zu handeln.
Ein Beobachterteam besuchte derweil die Unruheprovinz Hama. Dort sprachen die Beobachter mit den Bewohnern und schauten sich eine Reihe öffentlicher Einrichtungen an. Darunter seien auch Krankenhäuser, wie ein Delegierter, der nicht genannt werden wollte, der dpa schilderte. Er sagte nicht, ob auch - wie von der Opposition gefordert - Gefängnisse besichtigt werden sollten.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, eine bewaffnete Terrorgruppe habe nahe der Ortschaft Al-Rastan einen Sprengstoffanschlag auf eine Gasleitung verübt. Aufgrund des nur sehr begrenzten Zugangs für unabhängige Medien lassen sich viele Angaben aus Syrien nicht überprüfen.