Tod von TTP-Chef stürzt Pakistans Taliban in Führungskrise

Islamabad (dpa) - Der Tod des pakistanischen Taliban-Chefs Hakimullah Mehsud bei einem US-Drohnenangriff hat die Extremisten in eine schwere Führungskrise gestürzt. Eine Schura der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) ernannte zunächst Mehsuds bisherigen Stellvertreter Khan Said Sajna zu dessen Nachfolger.

Einige Gruppen in der TTP würden diesen Ratsbeschluss aber nicht akzeptieren, sagte ein Taliban-Kommandeur per Telefon. Der Rat werde nun von Sonntag an weiter tagen, bis ein Entschluss gefasst werden könne.

Hakimullah Mehsud und vier weitere getötete Extremisten seien am Samstag an verschiedenen Orten in den Stammesgebieten beerdigt worden, hieß es aus Sicherheitskreisen. Zu dem US-Angriff im Stammesgebiet Nord-Waziristan war es unmittelbar vor dem geplanten Beginn von Friedensgesprächen der Regierung mit der TTP gekommen.

Innenminister Chaudhry Nisar Ali Khan nannte den Angriff einen Versuch, die Gespräche zu „sabotieren“. Informationsminister Pervaiz Rashid sagte, seine Regierung setzte weiter auf Verhandlungen. „Wir hatten alle Hürden zur Eröffnung eines Dialogs beseitigt und werden weiterhin versuchen, darauf aufzubauen.“ Ein TTP-Kommandeur in Dera Ismail Khan sagte der dpa, es sei zu früh, um zu sagen, ob die Extremisten weiterhin bereit zu Verhandlungen seien. Die USA kommentierten den Drohnenangriff wie üblich nicht.

Nach dem Angriff wurden die Sicherheitsvorkehrungen besonders an Flughäfen und anderen zentralen Einrichtungen in Pakistan verschärft. Aus Angst vor Vergeltungsanschlägen wurden in Städten an der Grenze zu den Stammesgebieten Soldaten stationiert.

Die US-Regierung hatte ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar auf Hakimullah Mehsud ausgesetzt. „Mehsud hat mehrere TTP-Angriffe gegen Personal und Interessen der USA in und außerhalb der Region organisiert und gesteuert“, hieß es zur Begründung auf der Internetseite des „Rewards for Justice“-Programms.

Die USA machen die TTP unter anderem für einen gescheiterten Anschlag auf dem New Yorker Times Square im Mai 2010 und einen Selbstmordanschlag auf eine CIA-Basis in Afghanistan im Dezember 2009 verantwortlich, bei dem sieben Amerikaner getötet wurden. Die TTP ist eine Dachorganisation militanter islamistischer Gruppen, arbeitet mit dem Terrornetz Al-Kaida zusammen und operiert unabhängig von den afghanischen Taliban.

Die TTP ist für den Tod Tausender Menschen verantwortlich, darunter zahlreiche Zivilisten. Internationale Schlagzeilen machte die TTP mit einem Attentat auf die damals 15-jährige Schülerin Malala Yousafzai, der ein Extremist gezielt in den Kopf schoss.

Mit den Drohnenangriffen setzen die USA sich über Proteste des pakistanischen Premierministers Nawaz Sharif hinweg. Sharif hatte vergangene Woche bei einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama ein Ende der Drohneneinsätze gefordert, bei denen immer wieder auch Zivilisten getötet werden. Nach dem Treffen in Washington flogen die USA bislang zwei solche Einsätze.

Das Außenministerium in Islamabad verurteilt die Angriffe regelmäßig als „Verletzung von Pakistans Souveränität“. Der Einsatz von US-Kampfdrohnen in Pakistan ist völkerrechtlich umstritten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte kürzlich in einem Bericht kritisiert, bei einigen der Angriffe könne es sich sogar um Kriegsverbrechen handeln.

Auch TTP-Gründer Baitullah Mehsud war 2009 bei einem US-Drohnenangriff getötet worden. Danach dauerte es Wochen, bis sich die TTP-Gruppierungen auf Hakimullah Mehsud als Nachfolger einigten.