EU reagiert kühl Trump lässt Iran-Deal am Leben und verlangt mehr Härte

Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hält vorerst an dem Atomdeal mit dem Iran fest, setzt aber für die Zukunft hohe Hürden für Freund und Feind. Die europäischen Verbündeten sollen mit den USA binnen vier Monaten eine Anschlussregelung für das 2015 mit dem Iran geschlossene Abkommen finden.

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Darin sollen wesentlich härtere Vorgaben als bisher enthalten sein, um zu verhindern, dass der Iran jemals eine Atombombe bauen kann. Das Ganze will Trump von einer inner-amerikanischen Gesetzgebung flankiert sehen. Der Iran stellte am Samstag klar, dass er einen international anerkannten Pakt nicht neu verhandeln oder ändern werde.

Die Reaktionen auf die Ankündigung des Präsidenten, die er mit einer vorläufigen, auf 120 Tage begrenzten weiteren Aussetzung der seit 2015 auf Eis liegenden Atomsanktionen gegen den Iran verknüpfte, fielen kühl aus. Die Europäische Union will erst einmal prüfen. „Wir bekennen uns zur weiteren vollständigen und effektiven Umsetzung“, erklärte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zur Zukunft des Deals. Trumps Erklärung nehme man zur Kenntnis. Die EU werde nun zunächst mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie mit den übrigen EU-Staaten beraten.

In Russland mehrten sich die Stimmen, die den USA kein ernsthaftes Interesse am Verbleib in dem Abkommen mehr attestieren. Die USA wollten das Abkommen „mit dem Bulldozer“ verändern, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Er rief alle anderen Beteiligten auf, an der Vereinbarung festzuhalten. Seinem Eindruck nach hätten sich die USA längst zu einem Austritt aus dem Abkommen entschieden, sagte Rjabkow der Agentur Interfax zufolge. Dies wäre aber ein „großer außenpolitischer Fehler Washingtons“.

Der Iran reagierte zunächst gelassen auf die Ankündigung aus Washington. Die Kritik Trumps sei „langweilig“. „Die Politik von (US-Präsident Donald) Trump stellt lediglich den verzweifelten Versuch dar, ein solides internationales Abkommen zu untergraben“, schrieb Außenminister Mohammed Dschawad Sarif auf Twitter.

„Das Atomabkommen ist ein international anerkannter und abgeschlossener Pakt und ist nicht neu verhandelbar“, betonte das iranische Außenministerium in einer Erklärung. Daher werde Teheran auch weder Änderungen noch neue Verpflichtungen jenseits des Wiener Abkommens von 2015 akzeptieren, heißt es weiter.

Das Weiße Haus will schärfere Inspektionen der iranischen Atomanlagen, die auch nicht mehr zeitlich befristet sein sollen. Es müsse sichergestellt werden, dass der Iran niemals zum Bau einer Atombombe fähig werden könne. Zudem müssten das Raketenprogramm und das Atomprogramm verknüpft und nicht mehr separat betrachtet werden.

Unmittelbar nach der Ankündigung Trumps begann das Rätselraten bei Diplomaten und Politikexperten in aller Welt, wie die Äußerungen des Präsidenten und seiner Berater zu deuten seien. Viele hielten es für schwierig, mit mehreren internationalen Partnern binnen 120 Tagen einen solch komplexen und kontrovers betrachteten Forderungskatalog in eine Vereinbarung zu gießen - zumal Trump es ausschließt, mit dem eigentlich Betroffenen zu reden: dem Iran.

Die Islamische Republik ist für den US-Präsidenten ein erklärter Feind. Teheran habe mehr als 100.000 militante Kämpfer ausgebildet und ausgerüstet, die den ganzen Nahen Osten mit Zerstörung bedrohten. Auch gegen das eigene Volk gehe die Regierung vor. „Sie lassen die eigene Bevölkerung hungern, während sie sich selbst bereichern, indem sie das Volksvermögen abschöpfen“, heißt es in einer Mitteilung Trumps. Dank des Atomdeals seien weitere 1,8 Milliarden Dollar in Regierungskanäle geflossen. Das Geld werde nun unter anderem für Waffenkäufe und Aggressionen benutzt.

Politikwissenschaftler wie Kori Schake von der Hoover Institution glauben, dass Trump dem Iran die Grundlage für das Einhalten des Abkommens nehmen will: wirtschaftliche Vorteile. Westliche Unternehmen, darunter vor allem Banken, beklagen seit Jahren, dass es im Iran keine Investitionssicherheit gebe. Dies wäre noch mehr der Fall, wenn die USA ihre Sanktionen wieder einsetzen würden. Dann würden alle Unternehmen, die bestimmte Geschäfte mit dem Iran eingehen wollen, de facto vor die Wahl gestellt: Iran oder USA!

Die „New York Times“ zitierte einen früheren Iran-Berater der Obama-Regierung mit den Worten: „Wenn wir den Preis für den Iran ernsthaft erhöhen wollen, für das, was sie intern und extern tun, dann brauchen wir die Europäer“, sagte Dennis B. Ross der Zeitung. „Aber wenn die den Eindruck haben, dass wir eigentlich nur aus dem Abkommen rauswollen, dann werden sie nicht mit uns sein.“ Noch am Donnerstag hatte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einem Telefonat mit Trump für die Aufrechterhaltung des Abkommens eingesetzt.

Die Sanktionen der USA sind ausgesetzt, seit sich die Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschland mit dem Iran 2015 auf ein Atomabkommen einigten. Darin verzichtet der Iran auf einen Ausbau seiner atomaren Fähigkeiten. Im Gegenzug wurden Sanktionen aufgehoben, auch der USA. Seitdem muss der US-Präsident in regelmäßigen Zeitabständen entscheiden, ob dies auch weiterhin gelten soll.

Das US-Finanzministerium verhängte am Freitag erwartungsgemäß weitere Sanktionen, die nicht mit dem Atomprogramm des Irans in Verbindung stehen. Sie richten sich unter anderem gegen das Raketenprogramm des Landes, gegen die Unterstützung und Finanzierung von internationalem Terrorismus und die Verletzung von Menschenrechten, etwa gegen politische Gefangene. Insgesamt sind 14 Personen und Institutionen betroffen.

Washington wirft der Führung in Teheran vor, sich etwa mit Geldern für die schiitische Hisbollah im Libanon und andere in den USA als terroristisch eingestufte Organisationen gegen den Geist des Atomabkommens zu stellen. Die Abmachung werde zwar in ihren technischen Vorgaben eingehalten, der Iran verhalte sich dennoch weiterhin feindselig und aggressiv.

Kritiker in den USA und in Europa halten dem Weißen Haus vor, mit seiner harten Linie die Reformkräfte im Iran zu schwächen. Das Land erlebt gerade erhebliche Proteste unter anderem von Studierenden. Zwischen der geistlichen Führung um den schiitischen Ajatollah Ali Chamenei und dem liberaleren Präsidenten Hassan Ruhani gibt es offenbar Spannungen.