Tschechien steht vor radikalem Umbruch

Das EU-Land hat gewählt. Wird der Politik-Neuling Andrej Babis zum Königsmacher?

Prag. Ein 59-jähriger Milliardär hat die politische Landschaft in Tschechien gehörig durcheinandergewirbelt.

Mit Slogans wie „Politiker lügen nur“ hat Andrej Babis die Wutbürger und Politikverdrossenen des EU-Landes hinter sich versammelt.

Der Sprung seiner Partei aus dem Nichts auf 18,65 Prozent bei der Parlamentswahl vom Wochenende gleicht einem politischen Erdbeben.

Die „Aktion unzufriedener Bürger“ des zweitreichsten Tschechen hat versprochen, mit der Korruption aufzuräumen. Böse Zungen behaupten, Babis sei es schlicht leid gewesen, selbst Schmiergelder bezahlen zu müssen.

Nun könnte der politische Newcomer in den Verhandlungen nach der Wahl zum Königsmacher werden. Denn das Ziel der Sozialdemokraten und ihres Chefs Bohuslav Sobotka, eine „starke und stabile Regierung“ zu bilden, dürfte im Licht der Wahlergebnisse in weite Ferne gerückt sein. Die Sozialdemokraten sind zwar stärkste Kraft, doch selbst mit den alten „Beton-Kommunisten“ reicht es nicht für eine Mehrheit.

Ist der Newcomer Babis bereit, sich seiner politischen Verantwortung als Chef der zweitgrößten Fraktion zu stellen? Würde er, der Geschäftsmann, eine linke Regierung der Sozialdemokraten dulden? Das fragen Beobachter.

Die jetzt anstehenden Verhandlungen zwischen den Parteien bergen noch viel Konfliktstoff. Das Wahlergebnis sei „höchst merkwürdig“, die nächste Regierung werde instabil sein, warnte der Konservative Karel Schwarzenberg.

Angesichts komplizierter Mehrheitsverhältnisse könnte der linke Präsident Milos Zeman seine Kompetenzen voll ausnutzen. Mit CSSD-Parteichef Sobotka steht er nicht auf gutem Fuß — er könnte deshalb den Auftrag zur Regierungsbildung auch einem Anderen geben. „Wenn es um die Frage geht, ob Zeman dazu fähig ist, dann lautet die Antwort Ja“, kommentierte Alexandr Mitrofanov von der Zeitung „Pravo“.

Fest steht allein der Verlierer der Wahl: Abgestraft vom Wähler wurden die bislang regierenden bürgerlichen Parteien. Es war ein Abgang mit Paukenschlag. Der liberal-konservative Ministerpräsident Petr Necas stürzte im Juni über einen Skandal, in dessen Mittelpunkt seine Geliebte stand. Es ging um Bespitzelung und Machtmissbrauch.