Politik Türkisches Parlament beschließt Aufhebung von Immunität

Istanbul. (dpa) - Das türkische Parlament hat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für die Aufhebung der Immunität von mehr als einem Viertel der Abgeordneten gestimmt. Für den Vorstoß der islamisch-konservativen AKP stimmten am Freitag in Ankara 373 der 550 Parlamentarier.

Das Parlament in Ankara

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Das berichtete das Parlamentsfernsehen.

Zuvor war es im Plenum zu einem Eklat gekommen. Parlamentarier der größten Oppositionspartei CHP verließen während der Debatte am Freitagvormittag unter Protest vorübergehend den Saal, wie der Sender CNN Türk berichtete. Sie skandierten dabei: „Die Türkei ist laizistisch und wird laizistisch bleiben.“

Das Parlament stimmte über die Aufhebung der Immunität von 138 der 550 Abgeordneten ab. Der Schritt träfe vor allem die pro-kurdische Oppositionspartei HDP. Erdogan wirft den HDP-Abgeordneten vor, Sprachrohr der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein. Er hat ausdrücklich dazu aufgerufen, ihre Immunität aufzuheben.

Die Aufhebung der Immunität soll über eine befristete Verfassungsänderung geschehen, die von der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP angestrebt wird. Für eine Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit von 367 der 550 Abgeordneten notwendig. Bei einer 60-Prozent-Mehrheit (330 Stimmen) kann Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eine Volksbefragung dazu einleiten. In einem Referendum reicht eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Rolf Mützenich, warnte das türkische Parlament vor einer „Selbstentmachtung“. Sollte Erdogan mit seinem Vorhaben durchkommen, werde „ein weiterer Baustein einer demokratischen Entwicklung in der Türkei entfernt“, sagte Mützenich am Freitag im rbb-Inforadio. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte das Parlament in Ankara zuvor in der „Süddeutschen Zeitung“ zum Widerstand gegen „autokratische Ambitionen“ Erdogans aufgerufen.