Ukrainische Opposition besteht auf Rücktritt des Präsidenten

Inhaftierte Politikerin Julia Timoschenko erneuert nach Rückzug des Premierministers die Forderung.

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Kiew/Brüssel. Im seit Wochen anhaltenden Machtkampf zwischen pro-russischer Regierung und pro-europäischer Opposition in der Ukraine gibt es nach dem Rückzug von Premierminister Nikolai Asarow erste Anzeichen auf eine Entspannung. Allerdings fordern die Regierungskritiker weiter den Rückzug des umstrittenen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die Entscheidung Asarows ein richtiges „Signal“. „Der Rücktritt könnte den Eintritt in die Suche nach politischen Kompromissen möglich machen“, sagte er.

Das Kabinett bleibt zur Bildung einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt. Asarows Vollmachten übernimmt dessen Stellvertreter Sergej Arbusow. Verfassungsgemäß treten mit dem Regierungschef auch alle Minister formell zurück.

„Die Opposition sollte den Champagner im Kühlschrank lassen“, warnte allerdings der Politologe Taras Beresowez. „Alle strittigen Fragen liegen noch vor ihr — die Gefahr des Ausnahmezustands bleibt bestehen.“ In der südukrainischen Stadt Cherson starb unterdessen ein Polizist, der bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Miliz Stichverletzungen erlitten hatte. Die genauen Hintergründe waren zunächst unklar.

In Kiew wurde ein Nachfolger für das Amt des Premiers zunächst nicht genannt. Nationalistenführer Oleg Tjagnibok sagte, der Präsident habe von einer Frist von einer Woche gesprochen. Der Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk von der Partei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hatte am Wochenende ein Angebot der Staatsführung, das Amt des Regierungschefs zu übernehmen, abgelehnt.

Timoschenko sei gegen Verhandlungen der Opposition mit der Regierung, sagte ihre Tochter Jewgenija. Die Hauptforderung des Volkes sei der Rücktritt des Präsidenten und die Bildung einer Übergangsregierung aus verschiedenen Gruppierungen der Opposition. Die Proteste der Opposition hatten sich im November entzündet, nachdem Janukowitsch auf Druck Russlands ein ausgehandeltes Abkommen über eine engere Zusammenarbeit mit der EU nicht unterzeichnet hatte.

Russlands Präsident Wladimir Putin kam derweil in Brüssel mit Spitzenvertretern der Europäischen Union zusammen. Bei den Beratungen mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso sollte es nach Angaben von EU-Diplomaten auch um die Lage in der Ukraine gehen. Die EU wollte unter anderem klarstellen, dass ein Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der EU eine engere Zusammenarbeit Kiews mit Moskau nicht ausschließe.

Angesichts der vielen Meinungsunterschiede wolle man über „Art und Richtung der strategischen Partnerschaft zwischen EU und Russland“ reden, sagten Diplomaten. dpa