Ukrainischer Oligarch fordert Widerstand gegen Separatisten

Donezk/Moskau/Shanghai (dpa) - Der Rückhalt der prorussischen Kräfte im Osten der Ukraine schwindet. Der einflussreiche Milliardär Rinat Achmetow rief kurz vor der Präsidentenwahl zum friedlichen Widerstand gegen die Separatisten auf.

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Zehntausende seiner Mitarbeiter sowie Bürger folgten dem Appell, legten am Dienstag ihre Arbeit nieder und forderten ein Ende der seit Wochen andauernden Kämpfe. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) verließen bereits etwa 10 000 Menschen ihre Heimat auf der Krim sowie im Osten des Landes. Russland baut unter dem Eindruck der Krise seine Partnerschaft mit China aus.

In der Ukraine soll am Sonntag ein neuer Präsident gewählt werden. Die Abstimmung gilt als entscheidend für die Zukunft des Landes. Im umkämpften Osten konnten die Vorbereitungen jedoch vielerorts noch nicht beginnen. Die Regierung hat eingeräumt, dass in weiten Teilen der Regionen Donezk und Lugansk keine Wahl möglich sein wird. Dort kämpfen Regierungstruppen gegen Separatisten, die unter anderem mehrere Verwaltungsgebäude besetzt halten. An diesem Mittwoch soll ein dritter Runder Tisch zur Lösung der Krise beitragen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Telefonat auf, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Abstimmung am Sonntag zu unterstützen und das Ergebnis anzuerkennen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief die Separatisten auf, sich an der Wahl zu beteiligen. Gerade die Kritiker des politischen Wechsels müssten das größte Interesse daran haben, dass mit der Abstimmung der Aufbau eines neuen Legitimationsprozesses beginne, sagte er der Deutschen Welle.

Separatistenführer hatten zuvor angekündigt, die Ergebnisse der Wahl nicht anzuerkennen. Zugleich beschworen sie die Bevölkerung, endlich zu den Waffen zu greifen. „Ich hätte nie gedacht, dass sich in der ganzen Region nicht einmal 1000 Männer finden, die bereit sind, ihr Leben zu riskieren“, sagte der „Verteidigungsminister“ der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“, Igor Strelkow, in einem Video.

Der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, veröffentlichte daraufhin eine eigene, aufsehenerregende Videobotschaft: „In den Städten herrschen Banditen und Marodeure. Die Menschen sind es leid, in Angst zu leben“, sagte der Oligarch. „Mit Maschinenpistolen durch die Städte des Donbass zu laufen - sollen so die Rechte der Donezker vor der Zentralregierung gewahrt werden?“

Zehntausende Bürger reagierten darauf mit kurzfristigen Arbeitsniederlegungen und ohrenbetäubendem Autohupen. Beobachter werteten dies als wichtige Geste. Moskautreue Aktivisten gingen Achmetow daraufhin verbal an.

Putins Befehl zum Abzug der russischen Truppen von der ukrainischen Grenze schwächt die Separatisten weiter. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Dienstag, die Einheiten hätten ihre geplanten Manöver beendet, der Abzug erfolge in Etappen und per Zug. Der Nato lagen allerdings zunächst keine Hinweise auf einen Rückzug vor.

Russland und China forderten alle politischen Gruppen zu Gesprächen auf. In einem landesweiten Dialog solle ein Konzept für die Entwicklung einer Verfassung erarbeitet werden, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass aus einer gemeinsamen Erklärung.

Putin traf in Shanghai mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen. Die beiden Großmächte wollen künftig nicht nur militärisch, sondern auch bei der Energieversorgung enger zusammenarbeiten. Ein Durchbruch in den Verhandlungen über ein neues Gasabkommen stand aber zunächst noch aus. Damit könnte sich Russland unabhängiger von europäischen Gaskunden machen.

Die Führung in Kiew setzt ihre „Anti-Terror-Operation“ im Osten des Landes unterdessen fort. Der Einsatz dauert seit Wochen an. Nach UNHCR-Angaben treibt der Konflikt immer mehr Menschen in die Flucht. Die meisten Binnenvertriebenen gehören der Volksgruppe der Krim-Tataren an. Die Fluchtbewegungen hatten Mitte März vor dem Referendum auf der Halbinsel Krim begonnen, das zu einem Anschluss an Russland führte.