UN-Beobachter müssen erst mit Syriens Regierung verhandeln
Damaskus (dpa) - Auch nach Eintreffen eines Vorauskommandos der UN-Beobachtermission zur Überwachung der Waffenruhe in Syrien werden weiter Kämpfe aus dem arabischen Land gemeldet. Die USA warfen dem Regime in Damaskus vor, den Sechs-Punkte-Plan nicht zu respektieren.
Wie Aktivisten mitteilten, wurden am Montag landesweit 27 Menschen von den Truppen des Regimes getötet. Mehr als 50 Aktivisten seien verhaftet worden. Die UN-Blauhelme nahmen offiziell ihre Arbeit auf. Doch bis sie in die Konfliktgebiete vordringen können, wird es wohl noch einige Tage dauern.
„Zuerst muss zusammen mit den syrischen Behörden ein Protokoll vereinbart und unterzeichnet werden“, sagte am Montag Oberst Ahmed Hmeisch, ein aus Marokko stammendes Mitglied des fünfköpfigen Vorauskommandos, das am Vorabend in der Hauptstadt Damaskus eingetroffen war. In dem Protokoll sollen die Aufgaben und Befugnisse aller Beteiligten festgelegt werden.
Die USA warfen Syrien vor, die Waffenruhe nicht einzuhalten. Das Regime in Damaskus respektiere auch andere Teile des Sechs-Punkte- Plans nicht. Es lasse etwa keine friedlichen Demonstrationen zu und setze keine politischen Gefangenen auf freien Fuß. Die aktuellen Nachrichten aus Damaskus seien „nicht gut“, sagte ein Sprecher im Außenministerium in Washington. Es gebe weiterhin vereinzelte Kämpfe in Syrien. Außerdem gebe es in der Rebellenhochburg Homs Berichte über Granatbeschuss durch Regierungstruppen, sagte Mark Toner, stellvertretender Sprecher im Außenministerium.
Die Souveränität des Landes dürfe durch den Einsatz der UN-Beobachter nicht verletzt werden, meldete die staatlichen Nachrichtenagentur Sana. Ansonsten habe die Regierung von Präsident Baschar al-Assad nichts gegen die Präsenz der Beobachter. Vielmehr hoffe sie, dass die Blauhelme die Machenschaften der „bewaffneten terroristischen Banden“ offenlegen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte in Brüssel: „Es ist die Verantwortung Syriens, die Bewegungsfreiheit der Beobachter zu garantieren.“ Die syrische Führung hatte zuvor betont, die Einzelheiten der Beobachtermission müssten erst in Verhandlungen mit dem Vorauskommando geklärt werden.
Auf das erste Vorausteam sollen später noch etwa 25 weitere Beobachter folgen. Insgesamt wollen die Vereinten Nationen etwa 250 Militärbeobachter schicken. Aufgabe der Blauhelme ist es, den Truppenabzug aus den Städten und die Waffenruhe zu überwachen. Beides ist Teil des Sechs-Punkte-Plans des Sondergesandten Kofi Annan, den sowohl die Regierung als auch die Opposition akzeptiert hatten.
Außenminister Guido Westerwelle forderte die syrische Führung auf, den Sechs-Punkte-Plan vollständig umzusetzen. Es gehe nicht, einzelne Punkte herauszugreifen. „Die syrische Regierung ist in der Verantwortung, die Gewalt komplett einzustellen.“
Regimegegner und syrische Menschenrechtler berichteten am Montag von neuem Granatbeschuss auf zwei Viertel der Stadt Homs. In der Stadt Hama sollen in der Nacht zwei Zivilisten in ihrem Auto erschossen worden sein. Aus Idlib wurden Gefechte zwischen Deserteuren und Regierungstruppen gemeldet. 27 Menschen seien getötet worden. In mehreren Städten habe es Proteste gegen Assad gegeben.
Die Union der Lokalen Koordinierungskomitees der Syrischen Revolution begrüßte den Einsatz der UN-Blauhelme. Das Assad-Regime und die UN-Vetomächte Russland und China versuchten jedoch, die Mission zu verzögern und zu behindern, hieß es in einer Erklärung. Angesichts der vielen Todesopfer sei jedoch Eile geboten. Erneut forderten die Oppositionellen eine direkte Intervention, die Einrichtung einer Flugverbots- und einer Pufferzone sowie die Bewaffnung der Deserteure.
Der deutschen Reederei des vor Syrien gestoppten Frachters „Atlantic Cruiser“ liegen nach eignen Angaben keine Hinweise auf eine Waffenlieferung für das Krisenland vor. „Die Reederei hat nach der Beschreibung der Ladung in den Dokumenten sowie dem Erscheinungsbild der Ladung keine Hinweise darauf, dass es sich, wie in der Presse behauptet, um Waffen, Munition oder schweres militärisches Gerät handeln könnte“, teilte die Emder Redderei Bockstiegel am Montag auf ihrer Internetseite mit.
Laut Unterlagen handele es sich bei der für Syrien bestimmten Ladung um Teile eines Thermalkraftwerks, die von einem indischen Kraftwerkshersteller für Syrien bestimmt sind. Das Schiff sei an eine ukrainische Firma verchartert, mit der eine bereits längere Geschäftsbeziehung ohne jede Unregelmäßigkeit bestehe.
Syrische Oppositionellen hatten berichtet, dass der Frachter Waffen und Munition geladen habe. Er habe aus Dschibuti kommend am vergangenen Freitag Kurs auf den syrischen Hafen Tartus genommen, wo er am Samstagmittag hätte eintreffen sollen. Aus Kreisen der syrischen Regimegegner hieß es am Montagabend, das Schiff habe seinen Kurs tatsächlich geändert und sei nicht im Hafen von Tartus angekommen.