Auch Nahrung geht zur Neige UN-Gesandter: Weihnachten existiert Ost-Aleppo nicht mehr
Aleppo (dpa) - Die humanitäre Lage in den Rebellengebieten der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo spitzt sich immer weiter zu. „Die Lebensmittelvorräte im östlichen Teil der Stadt gehen zur Neige“, sagte die Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Ingy Sedky, der dpa.
Viele Grundnahrungsmittel seien entweder sehr teuer oder gar nicht mehr auf den Märkten zu kaufen, erklärte sie weiter. Auch die Ölvorräte seien in vielen Vierteln auf einen kritisch niedrigen Stand gesunken, so dass die Menschen dort keinen Strom mehr hätten.
Die Rettungsorganisation Weißhelme erklärte, die Lage werde jeden Tag schlechter. „Die Vorräte an Mehl für die Menschen reichen noch für 15 Tage“, sagte Ibrahim al-Hadsch von den zivilen Rettungshelfern. „Auch fast alle medizinischen Vorräte gehen zu Ende. Die Menschen sind verzweifelt und besorgt wegen der nächsten Tage.“
Regierungstreue Kräfte schneiden Aleppos Osten seit Anfang September von der Außenwelt ab. Sedky erklärte, das IKRK habe diese Gebiete seit April nicht mehr erreichen können. Dort leben noch rund 250 000 Menschen. Angriffe auf Kliniken haben zudem zu einem Kollaps der medizinischen Versorgung geführt. Ein Klinikpfleger mit dem Namen Mohammed berichtete, nur noch ein Krankenhaus sei in Betrieb.
Sedky rief alle Konfliktparteien auf, Sicherheitsgarantien für Hilfslieferungen zu geben. Die Rebellen haben laut UN im Gegensatz zur Regierung und den russischen Truppen eine Feuerpause zur Versorgung der notleidenden Bevölkerung in Ost-Aleppo zugesichert.
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, warnte vor einer völligen Zerstörung Ostaleppos. Wenn das Bombardement so weitergehe wie derzeit, dann werde „es zu Weihnachten kein Ost-Aleppo mehr geben“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Er habe den Eindruck, dass die syrische Führung dort eine beschleunigte militärische Entscheidung anstrebe.
Den Regierungstruppen könne es zwar gelingen, die Rebellengebiete in Ostaleppo zu übernehmen, „wenn es fast zerstört ist“, sagte de Mistura. In diesem Fall drohe aber eine „große Tragödie für die Menschen“, und es würde „Zehntausende Flüchtlinge geben, die sich Richtung Türkei bewegen“. De Mistura hatte am Wochenende versucht, eine Waffenruhe für Ostaleppo zu erreichen, die Regierung von Präsident Baschar al-Assad habe jedoch abgelehnt.
In Aleppo gingen die heftigen Kämpfe weiter. Jets und Hubschrauber des Regimes hätten Viertel in Ostaleppo bombardiert, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Syriens Armee und verbündete Milizen waren in den vergangenen Tagen in den Rebellenstadtteil Masakin Hanano im Nordosten Aleppos vorgedrungen.