US-Kriege angeblich Motiv für Boston-Anschlag

Washington/Montreal (dpa) - Ein Motiv der mutmaßlichen Bombenleger von Boston soll Wut über die Kriege der USA in Afghanistan und im Irak gewesen sein. Der schwer verletzte Verdächtige, Dschochar Zarnajew, gab dies US-Medien zufolge bei einem Verhör an.

Der 19-Jährige habe außerdem gesagt, er und sein Bruder Tamerlan hätten sich im Internet über den Bau der Bomben informiert. In Kanada wurden unterdessen zwei Männer dem Haftrichter vorgeführt, die einen Anschlag auf den Fernzug Toronto-New York geplant haben sollen.

Der von der US-Polizei getötete Terrorverdächtige von Boston, Tamerlan Zarnajew, hatte russischen Behörden zufolge keinen Kontakt zum islamistischen Untergrund. Er sei 2012 in der Konfliktrepublik Dagestan im Nordkaukasus gewesen, um seinen Pass zu erneuern, sagte der dagestanische Innenminister Abduraschid Magomedow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. Es gebe keine Hinweise, dass er während seines Aufenthaltes mit radikalen Gruppierungen oder Terroristen in Verbindung gestanden habe.

Dschochar Zarnajew hatte im Krankenhaus ausgesagt, er und sein Bruder hätten ohne Hilfe internationaler Terrorgruppen gehandelt. Dem 26-Jährigen gab er die Hauptschuld an dem Anschlag: Er sei die treibende Kraft gewesen. Der Ältere habe sich vom Heiligen Krieg motivieren lassen und den Islam retten wollen. Der überlebende Tatverdächtige muss sich vor einem Zivilgericht wegen des Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen verantworten. Ihm droht die Todesstrafe. Bei dem Bombenanschlag während des Boston-Marathons waren drei Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden.

Tamerlan Zarnajew hat nach Angaben eines Nachbarn in Religionsfragen besonders leidenschaftlich diskutiert und die Kriege der USA kritisiert, sagte der Deutsche Albrecht Ammon dem Magazin „Stern“. Auch über islamistische Selbstmordattentäter hätten die Nachbarn geredet, schreibt das Magazin. Der Islam habe nichts mit Terrorismus am Hut, soll Zarnajew gesagt haben.

Derweil geriet bei den Ermittlungen zu den Giftbriefen an US-Präsident Barack Obama und einen Senator wohl der falsche Mann ins Visier der Fahnder. Alle Vorwürfe gegen den bisherigen Hauptverdächtigen, den 45-jährigen Elvis-Imitator Paul Kevin Curtis, wurden am Dienstag (Ortszeit) fallengelassen. „Neue Informationen“ hätten zu dieser Entscheidung geführt, sagte die Bundesstaatsanwältin Felicia Adams dem Sender CNN. Curtis war kurz zuvor bereits gegen Kaution auf freien Fuß gekommen.

Unterdessen gerät ein anderer Mann in den Fokus der Ermittlungen. Laut US-Medien handelt es sich um einen Kampfsportlehrer, der seit langem mit Curtis zerstritten sei.

Die beiden Verdächtigen des vereitelten Anschlags in Kanada, die am Montag in Toronto und Montreal festgenommen worden waren, blieben anschließend in Gewahrsam. Sie sollen nach Medienberichten tunesischer und palästinensischer Herkunft sein. Nach Angaben der Polizei erhielten die 30 und 35 Jahre alten Männer bei der Tatplanung „Anweisungen und Unterstützung“ von Mitgliedern des Terrornetzwerks Al-Kaida aus dem Iran. Die Männer wiesen die Anschuldigungen zurück.

Auch in Spanien wurden zwei mutmaßliche islamistische Terroristen festgenommen. Ihr Fahndungsprofil ähnele dem der beiden Attentäter von Boston in den USA, teilte das Madrider Innenministerium mit. Die beiden Männer stünden im Verdacht, einer Zelle der Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQMI) anzugehören.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hat einer Umfrage des PEW Research Centers zufolge kein Terrorakt die Aufmerksamkeit so vieler Amerikaner erregt wie die Bomben beim Boston Marathon. Das schreibt das Online-Magazin „Slate“. 63 Prozent hätten den Anschlag und die Verfolgungsjagd „sehr aufmerksam“ verfolgt.