Prominenter Trump-Kritiker US-Republikaner John McCain ist tot
Washington/Sedona (dpa) - Politiker in den USA und im Ausland haben mit Bestürzung und Trauer auf den Tod von John McCain reagiert, einem streitbaren US-Republikaner und scharfen Kritiker von Präsident Donald Trump.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel würdigte den verstorbenen Senator als unermüdlichen „Kämpfer für ein starkes transatlantisches Bündnis“. Die früheren US-Präsidenten Barack Obama, George W. Bush, dessen Vater George H.W. Bush sowie Jimmy Carter zollten ihm ihren Respekt. Donald Trump kondolierte zwar der Familie seines wohl größten innerparteilichen Kritikers, hielt sich aber ansonsten auffällig zurück - und erntete dafür Kritik.
McCain starb am Samstag im Alter von 81 Jahren auf seiner Ranch in Arizona. Er litt an einem Glioblastom, einem bösartigen und extrem aggressiven Gehirntumor. Hoffnung gibt es für Menschen mit dieser Diagnose kaum, trotz Operation, Chemo- und Strahlentherapie. Bei McCain wurde der Tumor im Juli 2017 festgestellt. Vor kurzem entschied er sich dazu, die Behandlung gegen den Krebs einzustellen.
Der republikanische Senator aus Arizona zählte als Fachmann in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu den prominentesten Mitgliedern des US-Kongresses. Er erwarb sich über die Parteigrenzen hinweg große Achtung - allerdings nicht bei seinem Parteikollegen Trump.
Der Präsident veröffentlichte nach dem Tod McCains eine knappe Nachricht auf Twitter. „Mein tiefstes Mitgefühl und Respekt gehen an die Familie von Senator John McCain“, schrieb der US-Präsident. „Unsere Herzen und Gebete sind bei Euch!“, fügte er hinzu. Würdigende Worte fand Trump zunächst nicht, auch das Weiße Haus schickte keine längere Erklärung heraus. Auf Twitter löste Trumps Nachricht einen Sturm der Kritik aus. Auch Brit Hume, ein Kommentator des Trump oft wohlgesonnenen Senders Fox News, sdchrieb: „Immer noch kein freundliches Wort über McCain“.
Trumps und McCains Verhältnis war von gegenseitiger Abneigung geprägt. Der Präsident steht für vieles, was der Senator rundherum ablehnte: Respektlosigkeit gegenüber anderen Menschen, eine Verrohung der politischen Kultur, einen russlandfreundlichen Kurs. McCain stach unter den Republikanern auch deshalb so als Kritiker von Trump heraus, weil es in der Partei nicht viele gibt, die sich offen und dauerhaft gegen ihren Präsidenten stellen. Trump hat sich die Partei in weiten Teilen untergeordnet.
Die gegenseitige Verachtung zwischen Trump und McCain zeigte sich schon während des Wahlkampfes des politischen Außenseiters. Als Trump bekannt gab, Präsident werden zu wollen und dabei mexikanische Einwanderer als „Kriminelle“ und „Vergewaltiger“ bezeichnete, kritisierte McCain das als „widerwärtig“.
Trump erklärte wenig später, McCain sei kein Kriegsheld, weil er während des Vietnam-Krieges gefangen genommen worden sei. „Ich mag Leute, die nicht gefangen genommen worden sind.“ Das Entsetzen war groß, Trumps Beleidigungen und Provokationen waren noch ungewohnt, eine Entschuldigung lehnte er ab.
McCain war als Pilot der US-Navy in Vietnam in Gefangenschaft geraten und von den Vietcong gefoltert worden. Als Politiker sprach er sich immer wieder gegen Folter aus. Er warb zudem dafür, dass das umstrittene Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba geschlossen wird.
Bis zuletzt erhob McCain seine Stimme gegen Trump. Als dieser sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Mitte Juli gegen die Einschätzung seiner eigenen Geheimdienste stellte, wonach sich Moskau in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt habe, veröffentlichte McCain eine lange und bissige Pressemitteilung. Trumps Auftritt bezeichnete er als den „schändlichsten Auftritt eines amerikanischen Präsidenten in der Erinnerung“.
Die „New York Times“ und andere US-Medien hatten im Mai berichtet, McCain wolle nicht, dass Trump bei seiner Beerdigung dabei sei. Die Zeitung berichtete am Sonntag, die früheren Präsidenten Barack Obama und George W. Bush seien gebeten worden, Reden bei der Beerdigung zu halten.
Obama zollte McCain am Samstagabend (Ortszeit) seinen Respekt: „Wenige von uns wurden so herausgefordert, wie John es einst wurde, oder mussten den Mut zeigen, den er gezeigt hat“, hieß es in einer Erklärung des Demokraten. Man stehe in McCains Schuld. Obama und der Republikaner waren bei der Präsidentschaftswahl 2008 gegeneinander angetreten. Obama gewann.
Der Republikaner Bush würdigte McCain als „Patrioten höchsten Ranges“. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte ihn einen „Ausnahmepolitiker“. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte am Sonntag im Namen Merkels mit: „John McCain war geleitet von der festen Überzeugung, dass der Sinn jeglicher politischer Arbeit im Dienst für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu finden sei. Sein Tod ist ein Verlust für alle, die diese Überzeugung teilen“.
Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sprach von einem „traurigen Tag“ für die USA. McCains Freund und Parteikollege Lindsey Graham schrieb auf Twitter: „Amerika und die Freiheit haben einen ihrer größten Verfechter verloren. ...Und ich habe einen meiner liebsten Freunde und einen Mentor verloren.“
Der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, kündigte an, eine Resolution in die Kammer einbringen zu wollen, mit der ein Gebäude des Senats nach McCain benannt werden solle. Der Verstorbene sei ein „großartiger Mensch“ gewesen. McCain habe nie Angst davor gehabt, gegenüber den Mächtigen die Wahrheit aussprechen. Das sei selten geworden.
McCain saß seit 1987 im US-Senat und hat sich im Laufe der Zeit den Ruf eines „Mavericks“ erworben - eines Mannes, der der Parteiräson nicht immer folgt und auch unbequeme Meinungen vertritt.
Neben seiner Frau Cindy und sieben Kindern aus zwei Ehen hinterlässt McCain auch seine Mutter Roberta. Sie ist 106 Jahre alt.
Cindy McCain zeigte sich in einer Mitteilung tief traurig über den Tod ihres Mannes. „Mein Herz ist gebrochen“, schrieb sie auf Twitter. „Er ist gegangen, wie er gelebt hat, zu seinen eigenen Bedingungen, umgeben von den Menschen, die er liebte, an dem Ort, den er am meisten liebte.“ In Washington wehten die Fahnen auf halbmast.