Weitere Attentate geplant Verdächtiger nach Anschlägen in Spanien auf freien Fuß
Madrid (dpa) - Fünf Tage nach den Anschlägen in Spanien hat der Ermittlungsrichter einen der vier gefassten mutmaßlichen Mitglieder der Terrorzelle mangels Beweisen auf freien Fuß gesetzt.
Ein weiterer Verdächtiger solle lediglich für weitere 72 Stunden in Polizeigewahrsam bleiben, wie spanische Medien am späten Dienstagabend unter Berufung auf Justizkreise berichteten. Für die übrigen beiden jungen Männer habe Richter Fernando Abreu in Madrid Untersuchungshaft ohne Anrecht auf Kaution angeordnet, hieß es. Die Staatsanwältin hatte nach der richterlichen Anhörung der vier Verdächtigen in der Hauptstadt U-Haft für alle gefordert.
Bei einem Anschlag mit einem Lieferwagen in Barcelona und einer vereitelten Attacke im ebenfalls in Katalonien liegenden Küstenort Cambrils wurden am vorigen Donnerstag insgesamt 15 Menschen getötet. Die dafür verantwortliche Terrorzelle wurde nach Polizeiangaben zerschlagen. Neben den vier Gefassten soll die Gruppe demnach weitere acht Mitglieder gehabt haben, die alle tot seien.
Der 27-jährige Mohamed Allaa, der Besitzer des Wagens, der bei der vereitelten Attacke in Cambrils benutzt worden war, kommt den Berichten zufolge nun frei. Auf Haftentlassung kann auch der 34 Jahre alte Sahal el Karib hoffen. Der 21-jährige Mohamed Houli Chemlal und der 28-jährige Driss Oukabir bleiben dagegen für die Dauer der Ermittlungen und bis zur eventuellen Eröffnung eines Verfahrens hinter Gittern. Den beiden wird unter anderem Terrorismus und Mord, Chemlal auch Sprengstoffbesitz vorgeworfen.
Als Erster wurde am Dienstag Chemlal dem Richter vorgeführt. Der 21-Jährige war bei der Explosion in Alcanar verletzt worden. Der Marokkaner wurde in einem Schlafanzug und wie die drei anderen Männer in Handschellen zur Anhörung gebracht. Er habe ausgesagt, dass die Terrorzelle erwogen habe, neben der weltberühmten Basilika Sagrada Familia weitere wichtige Gebäude Barcelonas in die Luft zu jagen, berichteten die Zeitung „El Mundo“ und andere Medien unter Berufung auf Justizkreise.
Oukabir habe zwar gestanden, den für den Anschlag in Barcelona benutzten Lieferwagen und ein weiteres Fahrzeug gemietet zu haben. Er habe nach eigenen Angaben aber gedacht, dass seine Bekannten damit einen Umzug machen wollten, berichteten Medien. Der Richter schenkte ihm aber offenbar keinen Glauben. Die beiden anderen Männer hätten jede Verwicklung in terroristische Aktivitäten bestritten, hieß es.
Am Montag hatten Beamte in Subirats unweit von Barcelona den als Haupttäter geltenden Younes Abouyaaquoub erschossen. Der 22-Jährige soll den Lieferwagen gesteuert haben, mit dem Passanten auf der Flaniermeile Las Ramblas niedergefahren wurden. Dabei gab es 13 Tote. Auf seiner Flucht hatte der Marokkaner einen weiteren Menschen ermordet, um an das Auto des Mannes zu kommen. In Cambrils kam zudem eine Frau um, als Verdächtige auf der Flucht Passanten anfuhren.
Der als Kopf der Terrorzelle gesuchte Imam Abdelbaki Es Satty kam zusammen mit einem weiteren Terroristen wenige Stunden vor den Anschlägen bei der Explosion in einem Haus in Alcanar südlich von Barcelona ebenfalls ums Leben. Das bestätigte der Chef der Regionalpolizei von Katalonien, Josep Lluís Trapero, am Montag. Im Haus soll die Zelle ihre Anschläge geplant haben. Dort waren nach der Explosion 120 Gasflaschen und Sprengstoff gefunden worden.
Die spanischen Ermittler wollen auch feststellen, wo sich Abouyaaqoub in den drei Tagen nach dem Anschlag aufhielt und ob er auf der Flucht Hilfe erhielt. Medienberichten zufolge vermutet die Polizei, dass er zuletzt nur zu Fuß unterwegs gewesen sei. Er sei ungepflegt gewesen, schrieb die Zeitung „La Vanguardia“. Abouyaaquoub habe die Kleidung gewechselt, habe aber weder Tasche noch Telefon oder Bargeld bei sich gehabt.
Bei dem Anschlag in Barcelona und der vereitelten Attacke in Cambrils rund 100 Kilometer südwestlich der katalanischen Metropole starben insgesamt 15 Menschen. In Cambrils wurden zudem fünf Terroristen auf der Flucht erschossen. Es gab mehr als 120 Verletzte, darunter 13 Deutsche. 43 Verletzte wurden am Dienstag noch in Krankenhäusern behandelt, wie die Vizeregierungschefin Soraya Saéz de Santamaría erklärte. „Einige befinden sich noch in kritischem Zustand“, sagte sie.