Marathon-TV-Debatte Viele Frankreich Élyséekandidaten auf Anti-Europa-Kurs

Paris (dpa) - Zweieinhalb Wochen vor der französischen Präsidentenwahl fährt eine Mehrheit der Kandidaten einen harten Anti-Europa-Kurs. Eine TV-Debatte aller elf Anwärter mit Millionenpublikum machte deutlich, dass einige von ihnen sogar die EU verlassen wollen, um Frankreichs Probleme zu lösen.

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Während die Rechtspopulistin Marine Le Pen eine Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft und einen Euro-Austritt forderte, verteidigte ihr aussichtsreichster Widersacher Emmanuel Macron die europäische Zusammenarbeit mit Partnern wie Deutschland. „Ich habe Europa im Herzen“, sagte der sozialliberale Polit-Jungstar am späten Dienstagabend.

Le Pen und Macron gelten derzeit als Favoriten für den ersten Wahlgang am 23. April. In Umfragen kommen die beiden Kandidaten jeweils auf rund 25 Prozent der Stimmen. Für die Stichwahl am 7. Mai sehen Umfragen Macron bei einem Duell gegen Le Pen deutlich vorne.

Der fast vierstündige Schlagabtausch verdeutlichte, dass Le Pen mit ihrer Europa-Ablehnung nicht alleine ist. Ähnlich hart argumentiert der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, der in Umfragen auf Platz vier liegt: „Man muss die europäischen Verträge verlassen.“

Kandidaten ohne Siegchancen wie Nicolas Dupont-Aignan, François Asselineau und Jacques Cheminade zeigten sich ebenfalls EU-skeptisch. Asselineau fordert wie Le Pen einen Euro-Austritt. Auch bei Anwärtern der extremen Linken gibt es große Vorbehalte gegen Europa.

Höchst umstritten war auch das EU-Entsendegesetz. Es ermöglicht, Beschäftigte aus einem EU-Land befristet in ein anderes zu entsenden, um dort zu arbeiten. Macron verteidigte als einziger offen die Richtlinie, die seit langem als Einfallstor für Billigkonkurrenz aus dem Osten des Kontinents kritisiert wird: „Man vergisst jedes Mal zu sagen, das auch fast 300 000 Franzosen entsandte Arbeiter sind“, so Macron. Le Pen will einen „intelligenten Protektionismus“, um die wirtschaftlichen Interessen Frankreichs zu verteidigen.

Der Kampf gegen den Terrorismus sorgte ebenfalls für Diskussionen. Frankreich sei eine „Dschihadisten-Universität“, so Le Pen. „Wir müssen unsere Grenzen wiederbekommen. Denn es ist absolut unmöglich, gegen den Terrorismus zu kämpfen, wenn wir nicht wissen, wer in unser Land kommt.“ Mélenchon kritisierte dagegen den seit den Terroranschlägen vom 13. November 2015 geltenden Ausnahmezustand.

Der Linkspolitiker schnitt bei der Debatte laut einer Blitzumfrage am besten ab: Nach Angaben des Instituts Elabe hielten 25 Prozent der befragten Zuschauer Mélenchon für den überzeugendsten Kandidaten, vor Macron (21 Prozent) und Fillon (15 Prozent). Die fünf aussichtsreichsten Kandidaten hatten bereits vor gut zwei Wochen im Fernsehen debattiert, damals wurden rund zehn Millionen Zuschauer gemessen. Nun trafen in den Sendern BFMTV und CNews erstmals alle elf Kandidaten aufeinander, laut BFMTV schauten im Durchschnitt rund 6,3 Millionen Menschen zu.