ANC berät über Absetzung Warten auf den Rücktritt: Südafrikas Präsident Zuma am Ende

Johannesburg (dpa) - Für die meisten Südafrikaner ist Präsident Jacob Zuma schon Geschichte. Doch der Staatschef ist ein hartnäckiger Überlebenskünstler: Der 75-Jährige hat zehn Jahre Haft, bewaffneten Kampf gegen das rassistische Apartheid-Regime, viele Skandale und ebenso viele Intrigen überstanden.

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Der regierende Afrikanische Nationalkongresses (ANC) wetzt schon seit Jahresbeginn die Messer, um ihn abzusetzen. Entscheidende Sitzungen wurden einberufen und dann in letzter Minute wieder abgesagt. An diesem Montag soll es endlich so weit sein.

Der erweiterte Parteivorstand wurde kurzfristig für den Nachmittag einberufen. Es wurde erwartet, dass die ANC-Funktionäre Zuma zum Rücktritt auffordern. Nachfolgen würde ihm sein bisheriger Stellvertreter Cyril Ramaphosa (65). Der Politiker und Multimillionär war Ende Dezember nach Zuma zum neuen ANC-Parteivorsitzenden gewählt worden. Die Partei verspricht sich mit Ramaphosa an der Spitze bessere Chancen für die 2019 bevorstehende Präsidentschaftswahl.

Zuma ist angezählt, doch es scheint, als habe er in den Verhandlungen über seinen Rücktritt noch versucht, diverse Zugeständnisse auszuhandeln. Südafrikanische Medien berichteten unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen, dass er angesichts der vielen Korruptionsvorwürfe Straffreiheit wolle. Das erscheint kaum möglich. Glaubwürdiger erschienen Berichte, wonach er fordert, dass der Staat pauschal alle kommenden Anwaltskosten für ihn übernehmen sollte.

Zumas Beliebtheit erreichte schon bald nach seinem Amtsantritt 2009 einen Tiefpunkt, als bekannt wurde, dass er seinen Familiensitz im südlichen Ort Nkandla unter dem Vorwand nötiger weiterer Sicherheitsvorkehrungen mit Staatsgeldern in Höhe von rund 250 Millionen Rand (derzeit rund 17 Millionen Euro) hatte ausbauen lassen. Das entsprach etwa dem Preis von 100 Einfamilienhäusern in Johannesburg - und das in einem Land, in dem die meisten Menschen immer noch in Armut leben.

Zumas zweite Amtszeit ab 2014 wurde überschattet von Vorwürfen, er habe einer befreundeten Unternehmerfamilie, den Gupta-Brüdern, Geschäfte zugeschustert und ihnen unzulässig Einfluss auf die Politik gewährt - bis hin zur Ernennung von Ministern und Managern staatlicher Unternehmen. „Zuma muss weg!“ skandierten daraufhin Demonstranten im ganzen Land. Trotz zahlreicher belastender Vorwürfe wurde Zuma bisher nicht angeklagt.

Nach der ersten demokratischen Wahl 1994 war Zuma unter Staatspräsident Nelson Mandela Minister geworden, fünf Jahre später unter Staatschef Thabo Mbeki Vizepräsident, bis er 2005 wegen einer Korruptionsaffäre entlassen wurde. Zur selben Zeit befand er sich auch wegen angeblicher Vergewaltigung einer HIV-positiven Frau vor Gericht. Für Kopfschütteln sorgte seine Erklärung, er habe nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr heiß geduscht, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Zuma wurde freigesprochen und bereitete sein Comeback vor.

2007 setzte er sich in einer Kampfabstimmung um den ANC-Vorsitz gegen Mbeki durch. Die Präsidentschaftswahl 2009 gewann er überzeugend. Zuma, der zur größten südafrikanischen Volksgruppe der Zulu gehört, ist bekennender Polygamist. Er hat sechs Mal geheiratet und soll mehr als 20 Kinder haben, auch uneheliche.

Bei politischen Auftritten begeistert er die Massen immer mit Gesang und Tanz. Sein kehliges Lachen setzt er gerne und gezielt ein: mal ist es ansteckend, mal entwaffnend. Im persönlichen Gespräch versprüht Zuma Charme, seine Reden als Präsident hingegen liest er meist trocken ab. Als Präsident baute er den Kampf gegen die HIV-Epidemie aus, darüber hinaus wird er wohl als Staatschef der verpassten Chancen in Erinnerung bleiben.

Nachfolger Ramaphosa scharrt mit den Hufen. Südafrika mit seinen 55 Millionen Einwohnern ist ein Mitglied im Club der BRICS-Schwellenländer, doch unter Zuma stagnierte die Wirtschaft. Staatliche Firmen sind überschuldet, das Bildungssystem ist marode, die Arbeitslosenquote liegt nach offizieller Lesart bei knapp 28 Prozent - der reale Wert liegt wohl darüber. Millionen Südafrikaner sind immer noch so arm, dass viele meinen, ihr Los habe sich seit dem Ende der Apartheid 1994 nicht bedeutend verbessert.

Die linke Opposition geht deswegen mit dem Slogan der „wirtschaftlichen Apartheid“ hausieren: Demnach sind Wenige im Land, vor allem Weiße, vermögend, während die Masse nichts hat. Die Einkommensverteilung in Südafrika ist der Weltbank zufolge in der Tat so ungleich wie kaum woanders in der Welt. Doch Südafrika ist auch die fortschrittlichste Wirtschaft des Kontinents, mit guter Infrastruktur und einer unabhängigen Justiz. Darauf muss der pragmatische Managertyp Ramaphosa nun aufbauen.

Kein Präsident seit Mandela - der 1994 Südafrikas erster demokratisch gewählter Staatschef wurde - habe sich so vielen Herausforderungen stellen müssen, erklärt Analyst Ben Payton von der Risikoberatung Verisk Maplecroft. „Cyril Ramaphosa wird ein alarmierendes Chaos von Jacob Zuma erben, der zugelassen hat, dass sich die vielen bereits schwierigen Probleme des Landes ... noch weiter verschlimmert haben.“