Terrorvorwurf WDR-Reporterin droht in der Türkei Prozess

Istanbul/Köln (dpa) - Die türkische Polizei hat die am Samstag festgenommene Journalistin Hatice Kamer wieder freigelassen. Das meldeten der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und der türkische Dienst der BBC, für die Kamer unter anderem arbeitete.

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Die Reporterin war in der südosttürkischen Provinz Siirt festgenommen worden, wo sie für die BBC über ein Grubenunglück berichten wollte. Die 39-Jährige sagte dem WDR in einem Telefongespräch, man habe ihr mitgeteilt, dass sie sich nun einem Prozess stellen müsse. Die Anklage werfe ihr vor, durch ihre Berichterstattung die Terrororganisation PKK unterstützt zu haben.

Dafür gebe es keinerlei Belege, sagte die Journalistin dem WDR weiter. Es gehe ihr den Umständen entsprechend gut. Bei der Festnahme wurde ihr nach WDR-Angaben vorgeworfen, auf militärischem Territorium Fotos gemacht zu haben.

Hatice Kamer gehört zu den wenigen türkischen Journalisten, die noch
aus dem Südosten der Türkei berichten. Sie arbeitet für
internationale Medien, darunter die BBC, Voice of America und der
WDR. Seit mehreren Jahren berichtet sie für Funkhaus Europa aus
Dyarbakir, zuletzt auch für die WDR 3 Sendung „Türkei unzensiert“.

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte die Festnahme der BBC- und WDR-Reporterin verurteilt und die Bundesregierung aufgefordert, sich für ihre umgehende Freilassung einzusetzen. Zunächst sollte ihr dem WDR zufolge nach den Regeln des derzeit geltenden Ausnahmezustandes fünf Tage lang kein rechtlicher Beistand gewährt werden. „Ihre schnelle Freilassung hat überrascht“, sagte ihr Anwalt dem Sender.

Nach der Ausrufung des Ausnahmezustands am 21. Juli geht die Regierung in der Türkei hart gegen kritische Medien vor. Nach Angaben der unabhängigen Journalistenplattform P24 sitzen mehr als 140 Journalisten in Haft - das sind mehr als in jedem anderen Land der Welt. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen lag die Türkei bereits vor dem Putschversuch im Juli und der anschließenden Ausrufung des Ausnahmezustands auf Rang 151 von 180 Staaten.