Polizeigewalt in den USA Weißer US-Polizist in North-Charleston unter Mordverdacht
North Charleston (dpa) - Ein neuer Fall tödlicher Polizeigewalt gegen Schwarze hat in den USA Empörung ausgelöst. In einem Handyvideo ist zu sehen, wie ein weißer Polizist in North Charleston in South Carolina einen flüchtenden Mann von hinten erschießt.
Der deshalb bereits wegen Mordes angeklagte 33-jährige Schütze sei inzwischen auch aus der Polizeiabteilung entlassen worden, gab der Bürgermeister der Stadt, Keith Summey, bei einer Pressekonferenz bekannt.
Als weitere Konsequenz bestellte die Stadt nach seinen Angaben Körperkameras für die knapp 350 Polizisten der Gemeinde, um ihre Arbeit transparenter zu machen. Der Bürgermeister hatte zuvor zusammen mit dem städtischen Polizeichef Eddie Driggers die Angehörigen des getöteten Schwarzen besucht. „Bitte betet für die Familie“, bat Summey die Bevölkerung.
Nach den Todesschüssen auf den anscheinend unbewaffneten vierfachen Familienvater am Samstag hatte sich der Polizist auf Notwehr berufen. Er habe um sein Leben gefürchtet, weil der Mann ihm nach einer Verkehrskontrolle seine Elektroschock-Waffe entrissen habe. In dem Video scheint es aber so, als habe er seinen Elektroschocker erst nach den Schüssen neben den 50-Jährigen gelegt.
Laut „New York Times“ schoss der Polizist achtmal. Der Flüchtende wurde fünfmal getroffen, davon viermal im Rücken, wie die Lokalzeitung „Post and Courier“ unter Berufung auf den Anwalt der Familie berichtete. Die Bundespolizei FBI hat Ermittlungen eingeleitet und arbeitet mit den örtlichen Behörden zusammen. In der drittgrößten Stadt South Carolinas leben etwa 100 000 Menschen. Knapp die Hälfte der Bevölkerung ist schwarz.
Zuletzt hatten in den USA mehrere Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze Entsetzen und Proteste ausgelöst. In North Charleston blieb es dagegen auch nach Veröffentlichung des Videos ruhig.
Summey sagte, der Polizist habe eine falsche Entscheidung getroffen. „Wenn man falsch liegt, liegt man falsch“, erklärte der Bürgermeister. Er äußerte aber auch Mitgefühl für die Familie des Schützen: Dessen Frau ist im achten Monat schwanger.
Ein Experte in Sachen Polizeigewalt nannte die Szene auf dem Video ungeheuerlich. „Der Mensch flüchtet. Er hat keine Waffe. Und er hat sich nicht umgedreht“, sagte Samuel Walker, emeritierter Professor der Universität Nebraska der Zeitung „Post and Courier“. Für die Schüsse des Polizisten auf den Flüchtenden gebe es keine Rechtfertigung.
Dem Blatt zufolge war der 50-jährige Schwarze rund zehnmal inhaftiert, zumeist wegen nicht geleisteter Unterhaltszahlungen für seine Kinder. Sein Bruder sagte dem Blatt, er sei vermutlich geflüchtet, weil er nicht wieder wegen versäumter Zahlungen festgenommen werden wollte.