SPD gewinnt Hamburg-Wahl - wohl Partner nötig
Hamburg (dpa) - Ein großer Sieg mit Abstrichen für die SPD - und ein Fiasko für die CDU: Bei der Hamburg-Wahl hat Bürgermeister Olaf Scholz klar gewonnen, aber die absolute Mehrheit verloren. Die FDP feiert nach einer langen Serie von Niederlagen ihren ersten Wahlerfolg und bleibt in der Bürgerschaft.
Der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) gelingt erstmals der Einzug auch in ein westdeutsches Landesparlament. Der bislang allein regierende Scholz strebt nun eine Koalition mit den Grünen an.
Laut den Hochrechnungen von ARD (20.00) und ZDF (20.15) lag die SPD mit 46,4 bis 46,5 Prozent unter ihrem Ergebnis der Bürgerschaftswahl von 2011 (48,4 Prozent). Die CDU setzte unter Spitzenkandidat Dietrich Wersich ihren Abwärtstrend fort und schnitt mit 15,9 bis 16 Prozent (2011: 21,9) so schlecht wie nie in Hamburg ab. Bundesweit ist es ihr schwächstes Landesergebnis seit 1959 - den Zeiten von Kanzler Konrad Adenauer. Wersich sprach von einer „herben Enttäuschung“.
Die Grünen bestätigten mit 11,8 bis 11,9 Prozent in etwa ihr altes Wahlergebnis (11,2). Einer ihrer beiden Spitzenkandidaten, Jens Kerstan, sagte an die Adresse der SPD: „Wir werden hart verhandeln und sind dann zuverlässige Partner.“ Die Linkspartei legte deutlich zu und erreichte 8,4 Prozent (6,4).
Die FDP mit Spitzenkandidatin Katja Suding lag bei 7,1 bis 7,5 Prozent (6,7). Der Partei gelang damit erstmals seit September 2013 wieder der Verbleib in einem Landesparlament. Die erst 2013 gegründete AfD schaffte nach den Erfolgen bei der Europawahl sowie drei ostdeutschen Wahlen auch in Hamburg 5,8 bis 6 Prozent.
Den Oppositionsparteien insgesamt war es im Wahlkampf nicht gelungen, sich von Bürgermeister Scholz abzusetzen und mit polarisierenden Themen zu punkten. Das Ergebnis zeigt nach Einschätzung von SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass seine Partei auf wirtschaftliche und soziale Kompetenz setzen muss: „Wenn wir das einhalten, haben wir Erfolg.“
In der neuen Bürgerschaft dürften erstmals sechs Parteien vertreten sein. Nach den leicht unterschiedlichen Hochrechnungen ergibt sich folgende Sitzverteilung: SPD 58 oder 59, CDU 20, Grüne 15, Linke 11, FDP 9, AfD 7 oder 8. Damit fehlen Scholz zur erneuten absoluten Mehrheit 2 oder 3 Sitze. Die Wahlbeteiligung war mit 54,0 bis 55,5 Prozent so schlecht wie nie in Hamburg (2011: 57,3).
Nach Ansicht von Wahlforschern verdankt die SPD den Sieg vor allem Scholz und der hohen Wirtschaftskompetenz ihres Landesverbandes. Ihr sei es gelungen „mit atypisch hoher Ökonomiekompetenz bis weit ins hanseatisch-wirtschaftsliberale Bürgertum“ zu punkten, erläuterte die Forschungsgruppe Wahlen. Sie interpretierte das Wahlergebnis als rein hanseatisch geprägt - ohne Einfluss der Bundespolitik.
Mit seinem erneuten Wahlsieg gewinnt Scholz auf der SPD-Bundesebene noch stärkeres Gewicht: Im Parteivorstand kann niemand sonst zwei derart klare Wahlerfolge vorweisen. In der Partei herrscht angesichts der schwachen Umfragewerte um 25 Prozent unter Gabriel die Sorge, bei der Bundestagswahl 2017 erneut zu unterliegen.
Für die CDU setzt sich in Hamburg der Abwärtstrend fort, der mit dem Scheitern der dortigen schwarz-grünen Koalition (2008-2011) begonnen hatte. Obwohl Merkels Partei auf Bundesebene in Umfragen weiter deutlich führt, laufen ihr in vielen Großstädten die Wähler davon.
Große Streitthemen gab es in Hamburg kaum - abgesehen von der Verkehrspolitik des SPD-Senats.