ANZEIGE Handwerk in Wuppertal Kreishandwerkerschaft im Bergischen: „Wir lassen uns nicht unterkriegen“
Wuppertal · Trotz Materialknappheit, Lieferengpässen und Nachwuchssorgen: Kreishandwerksmeister Arnd Krüger unterstreicht das große Engagement seiner Kolleginnen und Kollegen in der Region. An junge Leute geht weiter der Appell, sich für eine Ausbildung im Handwerk zu entscheiden.
Gute Auftragslage, aber nach wie vor Personalbedarf: Auch bei den heimischen Betrieben zeigt sich der Bundestrend: Dem Handwerk in Deutschland geht es nach zwei Jahren Corona-Krise gemischt, wie die kürzlich vorgestellte Bundesstatistik zu Umsätzen und Beschäftigung in den zulassungspflichtigen Gewerken zeigte. Basierend auf dem bereits pandemiegeprägten Vergleichsjahr 2020 steigerten die Betriebe im vergangenen Jahr mit 1,3 Prozent weniger Beschäftigten den Umsatz um 1,7 Prozent.
Die wirtschaftlichen Aussichten sind aber trotz des Kriegs in der Ukraine und der galoppierenden Energiepreise
grundsätzlich positiv, wie Studien und Umfragen ergeben.
Das bestätigt Kreishandwerksmeister Arnd Krüger, der aber auch auf nach wie vor bestehende Probleme wie den Nachwuchs- und Fachkräftemangel hinweist sowie den Umstand, dass sich zahlreiche Unternehmer der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge innerhalb der nächsten Jahre in den Ruhestand verabschieden werden. „Ungefähr 30 Prozent der Betriebe könnten davon betroffen sein, wenn 2030 allein die Unternehmer der Jahrgänge 1964/1965 so langsam sagen, ,das war‘s jetzt für mich‘ – das wird ein Problem.“
Abgesehen davon, dass ohnehin ab dem Zeitpunkt geschätzte rund fünf Millionen Mitarbeiter nicht nur im Handwerk, sondern auch in der Pflege, im Krankenhaus, „einfach überall fehlen dürften“, so Krüger. Die Defizite zeigten sich in allen Bereichen. „Von der Ausbildung im Handwerk über erste betriebliche Erfahrungen sowie die Weiterbildung zum Meister und den Schritt in die Selbstständigkeit gehen mindestens zehn Jahre ins Land.“ Daher sei es wichtiger denn je, junge Menschen für eine Laufbahn im Handwerk zu gewinnen. „Auch wenn wir die Lücke im Grunde jetzt schon nicht mehr füllen können, denn dieses Zeitfenster ist eindeutig geschlossen.“
Großes Thema: Nachfolge für das Familienunternehmen zu finden
Es gebe innerhalb der Betriebe durchaus familiäre Nachfolger, Söhne und Töchter, die das Unternehmen in teils dritter oder vierter Generation mit Freude und Engagement fortführten. Doch darauf könne man nicht in jedem Fall setzen, „denn letztendlich sollte es nach Neigung und Talent gehen“. Und natürlich zeige sich auch immer wieder, „dass der ein oder andere Junior oder die Tochter abwinkt, weil sie den Job als zu anstrengend, zeitraubend oder die Verantwortung zu groß empfinden“.
Denn unter Jugendlichen sei zum Teil auch eine Neigung für planbare Jobverhältnisse, geregelte Arbeitszeiten, bezahlten Urlaub und insgesamt Absicherung feststellbar, so Krüger. „Solche Leute möchten kein Risiko eingehen und auch keine Verantwortung übernehmen – das ist natürlich ein Hindernis auf dem Weg in die Selbstständigkeit.“
Zwar hätten sich aktuell die Ausbildungszahlen in etwa wieder auf Vor-Corona-Niveau eingependelt, so der Kreishandwerksmeister. „Aber das ist nicht das, wir uns wünschen würden. Im Augenblick haben wir wohl um die 500000 Auszubildende in Deutschland im dualen System – ich glaube, so wenige waren es noch nie.“
Gleichwohl bemühe man sich weiter um junge Leute, und nach wie vor engagiert sich die Kreishandwerkerschaft bei der Kooperation mit Schulen, auch wenn Besuche vor Ort coronabedingt ausfallen mussten. So läuft schon seit geraumer Zeit das Projekt „Schulbank trifft Werkbank“, das die Kreishandwerkerschaft ganz aktuell gemeinsam mit der Gesamtschule Uellendahl-Katernberg veranstaltet. Dabei gehen die Handwerksmeister in die Schule, veranstalten kleine Workshops mit Schülern, die zuvor von den Lehrern inhaltlich darauf vorbereitet wurden. Dabei können die Jugendlichen den Handwerkern Fragen stellen und erste kleine Handgriffe in dem jeweiligen Gewerk ausprobieren.
Klimaschutz als Argument bei der Berufswahl
Insgesamt sei der Kontakt zu den Schulen sehr wichtig, und natürlich freuen sich die bergischen Handwerksbetriebe sehr darauf, junge Leute auch bald wieder persönlich auf Ausbildungsbörsen und Messen begrüßen zu können.
Solche Treffen und auch andere Bemühungen, junge Leute anzusprechen, übernehmen seine Kollegen ehrenamtlich, betont Krüger. Das Engagement der Obermeister sei nicht hoch genug anzuerkennen: „Es sind meist immer dieselben Kollegen, die sich für andere einsetzen, für sie sprechen, Werbung für den Job machen, Auszubildende ansprechen. Sie tun das in ihrer Freizeit und ohne dafür einen Cent zu bekommen.
Jetzt, in der Zeit der Corona-Lockerungen, müssten sich erst mal alle Aktiven wieder organisieren und schauen, welche Strukturen in Sachen Nachwuchssuche noch vorhanden sind und welche wieder ausgebaut werden müssen. „Es geht auf jeden Fall weiter, vielleicht ein bisschen anders als zuvor, aber auf jeden Fall nach vorn“, sagt Krüger. „Wir sind zwar nicht gerade euphorisch, aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Es gibt so viele wichtige Aufgaben, die uns alle angehen, wie zum Beispiel den Klimaschutz. Da leistet das Handwerk praktisch die wesentliche Umsetzung, ob bei Themen wie Heizung, Solar- oder Windenergie. Da brauchen wir jeden. Man kann daher an junge Leute nur appellieren: Kommt ins Handwerk und werdet aktive Klimaschützer!“