Lebensversicherungen: Garantiezins wohl weiter konstant

Köln (dpa) - Endlich mal gute Nachrichten für den Altersvorsorge-Klassiker: Der Garantiezins für Lebensversicherungen soll nach einer Empfehlung von Versicherungsmathematikern zunächst nicht weiter sinken.

Foto: dpa

Der Umbruch in der Branche dürfte aber weitergehen.

Die Zeiten, in denen Lebensversicherungskunden mit einer garantierten Verzinsung von 4 Prozent rechnen konnten, sind lange vorbei. Seit Anfang des Jahres liegt der Garantiezins für Neuverträge bei nur noch 1,25 Prozent. Immerhin soll es nach einer Empfehlung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) vorerst nicht weiter abwärtsgehen. Die Versicherungsmathematiker der DAV schlagen vor, die 1,25 Prozent auch im kommenden Jahr beizubehalten. Das letzte Wort hat das Bundesfinanzministerium, das auf der Grundlage auch dieser Berechnungen entscheidet.

Was ist der Garantiezins?

Mit diesem Zins auf den Sparanteil - Einzahlungen minus Kosten - können Versicherte sicher rechnen. Einmal zugesagt, müssen die Unternehmen das Versprechen einhalten. Über die vom Finanzministerium festgesetzte Höchstgrenze dürfen die Versicherer nicht hinausgehen. Sie sollen sich bei den Zusagen nicht übernehmen und ihre Versprechen auch in ferner Zukunft erfüllen können. Hinzu kommen weitere Renditekomponenten wie die Überschussbeteiligung, die von der Geschäftsentwicklung des Versicherers abhängt. Auch diese sinkt seit einiger Zeit.

Wie hat sich der Zins entwickelt?

Mitte der 90er Jahre lag der maximal zulässige Garantiezins - auch Höchstrechnungszins genannt - noch bei satten vier Prozent. Seitdem wurde er kontinuierlich gesenkt. Seit Anfang des Jahres sind es 1,25 Prozent. Die Änderungen gelten jeweils nur für Neuverträge.

Wie wird er berechnet?

„Zehn Zahlen werden addiert und durch zehn geteilt“, sagt DAV-Vorstandsmitglied Michael Renz. Ganz so einfach ist es nicht. Die Versicherungsmathematiker stützen sich auf den Durchschnittswert der Renditen zehnjähriger europäischer Staatsanleihen mit höchster Kreditwürdigkeit. Der Garantiezins darf maximal 60 Prozent des Wertes erreichen. Da die Rendite der Papiere wegen der Geldflut der Europäischen Zentralbank deutlich gesunken ist, verringert sich auch der Rechnungszins. Berücksichtigt werden ferner verschiedene Szenarien der Zinsentwicklung. Die Empfehlungen sorgen nicht immer für Freude in der Branche. Die Unternehmen müssen ihre IT auf den neuen Zins umstellen. Sinkende Renditeversprechen nagen an der Attraktivität der klassischen Lebensversicherung. „Wir sind dem Sicherheitsaspekt verpflichtet“, betont Renz.

Was bedeutet der Zins für die Branche?

Die Versicherer müssen die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit erfüllen. Doch Staatsanleihen mit Top-Bonität, in denen ihr Geld vor allem steckt, werfen wegen der EZB-Geldflut kaum noch was ab. Der Branchenverband GDV kritisiert die jüngste Entscheidung der Notenbank, Anleihen im großen Stil aufzukaufen, als „Zumutung“. Der Druck auf festverzinsliche Wertpapiere werde dadurch verstärkt.

Wie reagieren die Versicherer?

Lebenslange Garantien werden weiterhin von Bedeutung sein, meint die DAV. „Nichtsdestotrotz bietet ein Teil der Unternehmen bereits Produkte mit Garantiezinsen unterhalb der gesetzlich festgelegten Höchstgrenze an“, sagt der stellvertretende DAV-Vorsitzende Wilhelm Schneemeier. Für staatlich geförderte Angebote wie die Riesterrente seien aber mindestens der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente notwendig. „Es wird immer mehr Produktvariationen geben“, sagt er voraus. Nicht zuletzt auch, weil Versicherer wegen neuer Aufsichts- und Kapitalregeln (Solvency II) ab 2016 Kunden garantierte Zinsen nur dann versprechen dürfen, wenn sie ausreichend Eigenmittel zu Verfügung haben.

Wie wird sich der Garantiezins entwickeln?

Ein Ende der Geldflut der EZB ist derzeit nicht in Sicht. „Rein theoretisch wäre ein Höchstrechnungszins von Null möglich, wenn Staatsanleihen mit bester Bonität über mehrere Jahre keine laufende Verzinsung mehr bieten“, sagt Schneemeier. Das sei aber mehr als unwahrscheinlich und würde Produkte mit Beitragserhalt wie beispielsweise die Riesterrente unmöglich machen. Mit den neuen Kapitalregeln nach Solvency II werde sich das Berechnungsverfahren ohnehin ändern. „Wir arbeiten gerade Vorschläge aus“.

Was sagen Verbraucherschützer und was ist mit den Altkunden?

„Altverträge der klassischen Lebensversicherung bieten durch ein möglicherweise hohen Garantiezins noch eine gute Verzinsung. Allerdings bekommen auch Altkunden die Niedrigzinsphase durch sinkende Überschussbeteiligung zu spüren“, sagt Finanzexpertin Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Grundsätzlich fordern Verbraucherschützer Sparprodukte und Versicherungsschutz voneinander zu trennen. Sparen im Versicherungsmantel sei inflexibel und passe kaum zu den heutigen Erwerbs- und Lebensbiographien. Eine vorzeitige Kündigung oder Beitragsfreistellung produziere Verluste, die Verbraucher bei anderen Investments nicht hätten.