Vitaminpillen sollen Risiko auf Lungenkrebs erhöhen
Laut wissenschaftlichen Untersuchungen erleiden vor allem Raucher erhebliche Gesundheitsschäden.
Berlin. Ein Schweizer Medizin-Professor schockt die Fachwelt: Vitamin-Pillen sind nach seiner Erkenntnis alles andere als gesund. Peter Jüni schätzt, dass allein in Deutschland der Konsum von Vitaminpräparaten für mehrere tausend Todesfälle verantwortlich sein könnte.
Gegenüber „Spiegel Online“ begründete er seine Einschätzung mit der Auswertung von Vergleichsstudien, in denen Vitaminpräparate im Vergleich zu „Placebos“ (wirkungslose Zuckerstückchen) verabreicht wurden. Darunter befand sich eine Studie aus Finnland aus dem Jahr 1994, die nachweisen sollte, dass die Einnahme von Vitamin E und Betacarotin (das im Körper zu Vitamin A wird) für Raucher vorteilhaft sei.
Fast 30 000 Menschen zwischen 50 und 69 Jahren nahmen an der Studie teil. Das spektakuläre Ergebnis der Untersuchung: In der Gruppe, der man Betacarotin gab, stiegen die Fälle von Lungenkrebs um 18 Prozent an. Die Gesamtsterblichkeit war um acht Prozent erhöht.
Da die Wissenschaftler den Ergebnissen nicht trauten, führte man in den USA eine identische Studie durch, die das Ergebnis dramatisch bestätigte: Der Test musste 21 Monate vor dem geplanten Ende abgebrochen werden, Grund: Bei den Vitamin-Konsumenten unter den Rauchern kam es zu einem markanten Anstieg der Lungenkrebsfälle. Auch die Sterblichkeit stieg.
Die Gefährlichkeit bei Vitamin A, E und Betacarotin gilt als belegt. Keinen Negativ-Effekt gibt es hingegen beim Vitamin C. So lautet die wissenschaftliche Zusammenfassung der Studien durch den Schweizer Jüni, an denen mehr als 230 000 Menschen teilnahmen. Seine Schlussfolgerung: Vitamintabletten haben keinen Nutzen, können aber im Gegenteil zu erheblichen Gesundheitsschäden vor allem bei Rauchern führen.
Das Geschäft mit den Vitamin-Pillen ist in Deutschland weit verbreitet. Etwa 18 Millionen Deutsche schlucken sie. Das sind fast 30 Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 80 Jahren. Sie investierten gut 900 Millionen Euro jährlich in die persönliche Versorgung mit Vitamin-Substanzen. Der Rekordwert in den USA liegt bei 18 Milliarden Dollar. Nicht einbezogen sind dabei allerdings die Vitamine, die man als Zusatzstoffe für Lebensmittel verwendet.