Je grüner, desto sparsamer: Was der Energieausweis verrät
Berlin (dpa/tmn) - Wer eine Immobilie kauft oder eine Wohnung mietet, hat das Recht auf Einsicht in den Energieausweis. Er soll Aufschluss geben über den Energieverbrauch.
Seit 2014 werden die Gebäude auch in Effizienzklassen von A+ bis H eingeteilt. „Einen ersten optischen Überblick ermöglicht der Bandtacho, eine Skala von Grün bis Rot“, erklärt Christian Osthus vom Immobilienverband Deutschland (IVD). Je grüner und weiter vorn im Alphabet das Haus eingestuft ist, umso geringer ist der Energieverbrauch, so die Idee. „Doch die Praxis ist viel komplizierter“, sagt Osthus. „Der Energieausweis ist für viele Menschen verwirrend, weil viele Angaben kaum nachvollziehbar sind.“
„Zur Grobinformation reicht der Energieausweis aus“, meint Ulrich Ropertz von Deutschen Mieterbund. „Er ist besser als nichts.“ Aber im Detail lässt sich damit nicht einschätzen, wie hoch die Kosten sein werden. „Die Energieausweise werden nach unterschiedlichen Verfahren berechnet, ein Vergleich mit anderen Wohnungen ist kaum möglich.“
Wie gehe ich mit den Daten des Ausweises also um? Viele Mieter halten sich an die Regel: je grüner, desto besser. Allerdings rät Martin Brandis vom Verbraucherzentrale Bundesverband auch: „Interessenten sollten sich nicht ausschließlich wegen einer schlechteren Effizienzklasse oder einem mittleren Verbrauchswert vom Mieten oder Kaufen einer attraktiven Wohnung abhalten lassen.“ Gerade wo die Grenze zwischen einem gerade noch akzeptablen und einem schlechten Wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Denn wie hoch die Energiekosten später sind, hängt auch vom persönlichen Verbrauch ab.
Außerdem sind die berechneten Energiekosten Durchschnittswerte für das ganze Gebäude, die je nach Lage der Wohnung stark abweichen können. Wohnungen im Erdgeschoss oder unter dem Dach haben oft einen höheren Verbrauch als die in den mittleren Etagen.
Besonders wichtig sind im Energieausweis laut Verbraucherzentrale die Seiten 1 bis 3. Die erste Seite enthält allgemeine Angaben, darunter das Baujahr des Gebäudes und der Anlagentechnik sowie die Anzahl der Wohnungen. Außerdem ist auf der ersten Seite vermerkt, welches Verfahren zur Berechnung der energetischen Qualität des Gebäudes eingesetzt wird. Auf den Seiten 4 und folgende werden unter anderem Vorschläge zu Modernisierungsmaßnahmen gegeben.
„Energieausweise werden nach zwei verschiedenen Methoden berechnet“, erklärt Osthus. „Das macht es eben so schwierig, die Angaben miteinander zu vergleichen.“ Zum einen lässt sich der Energiebedarf anhand des tatsächlichen Verbrauchs ermitteln. Das ergibt einen Kennwert in Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche, der die Effizienzklasse bestimmt. Er steht beim Verbrauchsausweis auf der Seite 3, die Seite 2 bleibt bei ihm leer.
„Man könnte meinen, je höher dieser Kennwert, desto schlechter ist der energetische Zustand des Gebäudes“, betont Osthus. „Aber das muss nicht so sein, weil dieser Wert sehr vom individuellen Verhalten der Nutzer abhängt.“ Das bedeutet: „Wenn es im Haus viele Bewohner gibt, die im Winter die Heizung besonders hoch drehen, steigt natürlich der Gesamtverbrauch im Haus. Der neue Mieter kann aber ein ganz anderes Heizverhalten haben.“ Dann ändern sich also die Werte.
Bei der anderen Berechnungsmethode wird der Energiebedarf des Gebäudes auf Grund seiner Bauweise zugrunde gelegt. Dann handelt es sich um einen Bedarfsausweis. In die Berechnung fließen Angaben über die Wärmedämmung oder die Haustechnik ein. Die Kennwerte sind auf Seite 2 ausgewiesen, während die Seite 3 hier leer bleibt.
„Ob die eine Methode besser ist als die andere, ist nicht klar“, sagt Osthus. „Die meisten Vermieter nutzen den Verbrauchsausweis, weil der leichter zu erstellen ist.“ Für Häuser mit bis zu vier Wohnungen, die vor 1978 gebaut und seither nicht energetisch saniert wurden, ist aber der teurere Bedarfsausweis vorgeschrieben.