Sonnenschein aus der Röhre - Lichtkamine für fensterlose Räume
Köln (dpa/tmn) - Für innen liegende Bäder oder Treppenhäuser ohne Fenster sind Tageslichtsysteme eine Alternative zu Kunstlicht. Dort, wo normale Fenster nicht eingebaut werden können, fangen sie das Tageslicht auf dem Dach ein und bringen es in dunkle Räume.
Die Schildbürger hielten sich für besonders schlau. Um in ihr fensterloses Rathaus Licht zu bekommen, deckten sie das Dach ab. Doch es regnete und hagelte hinein. Heute gibt es wirklich schlaue Ideen, um Räume, die keine Fenster oder Lichtkuppeln haben, mit Tageslicht zu erhellen. Die sogenannten Lichtleitsysteme sind in Wohngebäuden mit innen liegenden Bädern und Toiletten, Abstellkammern oder Treppenhäusern sinnvoll.
Die Tageslichtsysteme werden in Deutschland von verschiedenen Herstellern unter Namen wie Lichtkamin, Solarspot, Skytube oder Tageslicht-Spot angeboten. Doch trotz unterschiedlicher Bezeichnungen bestehen sie im Wesentlichen aus den gleichen Elementen: dem Sammler, der lichtleitenden Röhre und der Streulinse zur Verteilung im Raum.
„Bei Tageslichtkaminen wird das Licht von einer auf dem Dach installierten Acrylglaskuppel eingefangen“, erläutert Manfred Gunkel von Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Köln. Ihre halbrunde Form sorge für den größtmöglichen Tageslichteinfall von allen Seiten, das Regenwasser laufe schnell von der Fläche ab. Prismen unter dem Glas leiten das Licht in eine Röhre. Deren Beschichtung wiederum spiegelt und lenkt es weiter nach unten. Am Ende der Röhre verteilt eine Streulinse das Licht in den Raum.
„Lichtkamine können immer dort, wo weder Dachflächenfenster noch Lichtkuppel möglich sind, installiert werden“, erklärt Gunkel. Sie lassen sich in flache wie geneigte Dächer einbauen. Dafür wird das Dach an einer Stelle geöffnet. Es werden alle Schichten durchbrochen - Dachdeckung, Unterspannbahn, Dämmung, im Weg liegende Sparen und die innen liegende Dampfsperre. Für Privathäuser empfiehlt der Dachdeckerexperte Systeme mit einem Rohrdurchmesser von 20 bis 30 Zentimetern. Selbst über mehrere Meter und um Windungen herum können die Röhren das Tageslicht ins Innere des Hauses leiten.
Doch bei ihrem Einbau muss einiges beachtet werden, erläutert Horst Lenz, Präsident der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz in Mainz. Sind die Lichtkamine schlecht gedämmt, gibt es Wärmebrücken; ist der Einbau grundsätzlich fehlerhaft, könne sich im Inneren des Systems Kondenswasser bilden. Dann gelangt weniger Licht in den Raum.
Vor dem Einbau, den stets ein Fachbetrieb übernehmen sollte, empfiehlt die Ingenieurkammer eine energetische Beratung. Denn durch eine gute Dämmung und die optimale Nutzung des Tageslichts lassen sich Heiz- und Stromkosten sparen. Ein fachgerecht eingebautes Tageslichtsystem ist laut Ingenieurkammer wartungsfrei. Im Inneren könne sich kein Dreck absetzen, und auch das Äußere der durchsichtigen Kuppel verschmutze kaum.
„Tageslicht macht Menschen wesentlich leistungsfähiger: Wir fühlen uns wohler und sind nachweislich weniger krank“, erläutert Ahmet E. Çakir, Leiter des Ergonomic Instituts in Berlin. Diese Forschungseinrichtung befasst sich mit der Wirkung von Tageslicht. Positive gesundheitliche Effekte von Tageslicht treffen aber nur bedingt für Licht von oben zu, sagt Çakir. Denn anders als durch senkrechte Fenster werden die Gegenstände im Raum weniger aufgehellt. Auch falle das Licht nicht direkt ins Auge. Das sei aber wichtig, um leistungsfähiger zu sein.
Ein weiterer Nachteil gegenüber herkömmlichen Fenstern ist laut dem Experten, dass Lichtkamine keine direkte Sichtverbindung nach außen haben. „Diese Verbindung ist aber notwendig, um sich wohlzufühlen“, sagt Çakir. „Es ist sogar wissenschaftlich nachgewiesen, dass Wunden in Zimmern von Krankenhäusern mit schöner Aussicht, etwa auf einen See, schneller heilen als bei einem tristen Ausblick.“
Auch für den Architekten Ulrich Zink vom Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung (BAKA) in Berlin ist ein Tageslichtleitsystem im privaten Hausbau nicht unbedingt die erste Wahl. Zink rät in jenen Räumen, die direkt unter dem Dach liegen, besser Dachflächenfenster, Lichtbänder oder Lichtkuppeln einzubauen. Und selbst wo das nicht möglich ist, sollten Hausbesitzer sich überlegen, ob sich der große bauliche Aufwand für einen Lichtkamin lohnt: In Toilettenräumen etwa halte man sich nur begrenzte Zeit auf, dort könne eine gute künstliche Beleuchtung reichen.
Sinnvoll sind Lichtkamine laut Zink in Zimmern, in denen Menschen viel Zeit verbringen - etwa in Vortragsräumen großer Hotels. Dort bleibe für Zuhörer und Vortragende so zumindest der Tag- und Nachtrhythmus nachvollziehbar. Und in solchen Räumen spare man auch wirklich Stromkosten für die Lampen ein.