Bewährungsprobe für DOSB-Präsident Hörmann
Sotschi (dpa) - Bloß nicht ausrutschen! Das sportpolitische Parkett ist glatt - für den neuen DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann bei den Winterspielen in Sotschi allemal.
„In dem Bereich lauert wie bei sportfachlichen Einschätzungen immer die Gefahr eines Fehlers. Nur mit dem Unterschied: Im sportpolitischen Bereich werden Fehler viel stärker wahrgenommen und kommuniziert“, sagte er vor seiner ersten großen Bewährungsprobe als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.
Der 53-jährige Unternehmer, seit fast genau drei Monaten im Amt, fliegt dennoch nicht mit Furcht im Gepäck in die russische Olympia-Stadt. „Ich fahre mit großer Vorfreude nach Sotschi, weil wir mit einer starken Mannschaft antreten werden“, sagte Hörmann. Als langjähriger Präsident des Deutschen Skiverbandes (DSV) und Mitglied im Vorstand des Ski-Weltverbandes FIS betritt er sportfachlich kein olympisches Neuland. „An dieser Stelle kann nicht all zu viel passieren“, versicherte der gebürtige Bayer.
Außerdem habe er schon zu DSV-Zeiten heikle Themen zu bewältigen gehabt, auch bei Olympia. Dazu gehörte die Entscheidung, Magdalena Neuner 2010 in Vancouver nicht in der Biathlon-Staffel starten zu lassen. „Da wurde rauf und runter dekliniert, ob es eine intelligente Entscheidung war“, erinnert sich Hörmann. Zudem gab es 2006 in Turin die Schutzsperre für Evi Sachenbacher-Stehle. „Beides bescherte mir als DSV-Präsident herausfordernde Debatten, und das war insofern ein gutes Training für die nun anstehenden Zusatzaufgaben beim DOSB.“
Deshalb blickt er der olympischen Herausforderung zwar mit einer gewissen Lockerheit, aber nicht naiv entgegen. „Angst nein, Ehrfurcht trifft es auch nicht“, so Hörmann. „Ich gehe da mit einer großen Portion Respekt hin.“
Schließlich sieht auch der oberste deutsche Sportfunktionär, dass die Sotschi-Spiele durch zahlreiche heikle Themen in der globalen Dauerkritik stehen. Anti-Homosexuellen-Gesetz, Menschenrechte, Gigantismus oder Umweltzerstörung sind nicht nur Reizworte, sondern Gegenstand permanenter Debatten. Denen will sich der DOSB-Chef mit einer „Mischung aus Offenheit“ und „mit der notwendigen kritischen Haltung“ nicht entziehen. „Was in Russland passiert, stellt aus unserer Sicht nicht die Ideal-Konzeption für Olympische Spiele in der Zukunft da“, meinte Hörmann in einem „Bild“-Interview am Dienstag.
Was das 153 Athleten umfassende deutsche Team angeht, warnt er vor zu hohen Erwartungen. „Es entspricht meiner felsenfesten sportfachlichen Überzeugung, dass 30 Medaillen nur schwer zu erreichen sind“, sagte Hörmann. „Wenn am Ende 27 oder 28 Medaillen herauskommen und dies womöglich als Rückschlag angesehen wird, hat man die Situation verkannt.“ Es gebe eine Reihe von Unwägbarkeiten im ständig härter werdenden Wettbewerb. „Wir müssen beispielsweise sehen, was den Bobfahrern nach einer durchwachsenen Saison auf der Zielgeraden noch gelingt.“
Auf jeden Fall wird er so oft wie möglich den Sportlern zur Seite stehen und ein Präsident „zum Anfassen“ sein. „So habe ich mich immer verstanden. Ich meine einen guten Kontakt zu den Athleten zu haben“, sagte Hörmann. „Nicht ohne Grund habe ich in der Vergangenheit die Wettbewerbe nicht mit dem Schwerpunkt VIP-Zelt, sondern Stadion besucht.“