DFB weist Einspruch ab - Hertha geht in Berufung
Frankfurt/Main (dpa) - Ein Skandalspiel und immer noch kein Abpfiff: Der juristische Streit um die chaotische Relegationsbegegnung zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC geht in eine weitere Nachspielzeit.
Das DFB-Sportgericht hat den Einspruch der Berliner gegen die Wertung abgelehnt.
Der Bundesliga-16. kämpft aber weiter um eine Wiederholung und legte Berufung ein. Das erklärte Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt wenige Minuten nach der Urteilsverkündung in Frankfurt/Main.
„Das ist kein Urteil, das wir akzeptieren können, was die sportinteressierte Öffentlichkeit zu akzeptieren hat. Ich kann das Urteil nicht verstehen“, sagte Schickhardt und beklagte, dass der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz von einem „positiv belegten Platzsturm“ sprach. Schickhardt fragte: „Muss es denn Verletzte geben? Die, die als Erste über den Zaun geklettert sind, waren keine Kinder.“
Nächsthöhere Instanz ist nun das Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Dieses soll nach dpa-Informationen wohl am Donnerstag oder Freitag, Tendenz eher Freitag den Fall beurteilen. „Wir gehen davon aus, dass das Verfahren diese Woche abgeschlossen wird“, meinte Schickhardt. „Wir tun alle sehr gut daran, die Entscheidung des Bundesgerichtes abzuwarten“, betonte Ligapräsident Reinhard Rauball in der ARD-Sendung „Hart aber fair“.
Damit ist die Aufstiegsfrage weiter nicht endgültig geklärt. Sportlich hatten sich die Rheinländer am vergangenen Dienstag erstmals seit 15 Jahren wieder den Sprung in die Bundesliga gesichert. Die Partie (2:2) war nach Fan-Tumulten unter chaotischen Umständen zu Ende gegangen, Schiedsrichter Wolfgang Stark konnte die Nachspielzeit erst nach einer 21-minütigen Unterbrechung zu Ende spielen lassen.
Das DFB-Sportgericht bezeichnete den Hertha-Einspruch als unbegründet, Stark habe sich auch keiner Regelverstöße schuldig gemacht. Für Lorenz war es nach eigenen Angaben das schwierigste Urteil als DFB-Richter. Er habe dies nicht „husch, husch“ nach der sechseinhalbstündigen Verhandlung am Freitag mit seinen Beisitzern entscheiden wollen.
Die Fortuna-Fans seien zu mehreren Hunderten auf den Platz gestürmt - „aber nicht in feindseliger Absicht, nicht um Gewalt auszuüben, sondern um übermütige Siegesgefühle auszuleben“. Der Nachweis der psychischen Beeinträchtigung der Hertha-Mannschaft sei nicht erbracht worden. „Es ging eher in die andere Richtung“, sagte Lorenz in Anspielung darauf, dass einige Berliner Spieler nach Schilderung von Schiedsrichter Stark nach dem Schlusspfiff eine „Hetzjagd“ auf ihn veranstaltet hätten.
Lorenz beschrieb auch, was passieren könnte, wenn künftig wegen einer psychischen Beeinträchtigung Spielergebnisse für ungültig erklärt würden: „Was, wenn ein dunkelhäutiger Spieler beleidigt wird und in der Folge keinen Ball mehr trifft?“ Ausdrücklich betonte der 60-Jährige: „Auch wenn der Einspruch keinen Erfolg hatte, sagen wir ausdrücklich, dass wir Verständnis haben, dass der Verein nach diesem Strohhalm gegriffen hat.“
Fortuna reagierte mit großer Zufriedenheit auf das Urteil. „Ich bin erleichtert und froh, dass die Spielwertung, so wie ausgetragen, bestehenbleibt“, sagte der Düsseldorfer Vorstandsvorsitzende Peter Frymuth, „für mich war für das Urteil die Klarheit der Schiedsrichteraussagen entscheidend. Aus unserer Sicht ist dieses Urteil gerecht.“
Hertha-Anwalt Schickhardt und die als Zeugen geladenen Berliner Profis hatten versucht zu beweisen, dass die restlichen 1:33 Minuten unter irregulären Bedingungen stattfanden und die Spieler Angst hatten. „Hertha hat den Anspruch auf ein ganzes faires Spiel“, sagte er auch zur Begründung für den Einspruch.
Gegen die Berliner Profis Lewan Kobiaschwili, Christian Lell, Thomas Kraft und Andre Mijatovic ermittelt der DFB-Kontrollausschuss. Diese Fälle werden zu einem späteren Zeitpunkt behandelt. Auch auf beide Vereine warten noch Strafen, kündigte Lorenz an. So muss Hertha mit einer Geldstrafe rechnen, weil Fans Bengalos gezündet und auch aufs Spielfeld geworfen hatten. Düsseldorf droht wegen des Platzsturms im schlimmsten Fall sogar ein Geisterspiel oder eine Platzsperre. „Wir hatten es mit drei Unterbrechungen zu tun gehabt, von denen zwei von Hertha BSC zu verantworten sind. Die Rhythmusstörung hat beide Mannschaften gleichzeitig beeinträchtigt“, sagte Lorenz.
Hertha-Profi Kobiaschwili soll den Referee nach Aussagen Starks sogar in den Katakomben geschlagen haben. Nach der Strafanzeige von Stark droht dem 34-jährigen Georgier nun das Karriereende. Bei Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter sind Sperren von sechs Monaten bis zwei Jahren vorgesehen. Fortuna-Kapitän Andreas Lambertz muss mit einer Strafe rechnen, weil er im Innenraum ein Bengalisches Feuer in der Hand hielt. Hertha hatte sich für das Verhalten seiner Spieler am Wochenende öffentlich entschuldigt.
Beide Mannschaften hatten angesichts eines möglichen Wiederholungsspiels wieder das Training aufgenommen, die Düsseldorfer sagten nach der ausgefallenen Aufstiegsfeier am Samstag auch ihre viertägige Mallorca-Reise ab.