In Rage St. Pauli-Trainer Lienen mit Rundumschlag nach Remis
Hamburg (dpa) - Ewald Lienen mutierte zum Wüterich. Nach dem hitzigen Heimspiel ohne die erhoffte Drei-Punkte-Befreiung gegen 1860 München (2:2) kritisierte der erfahrene Trainer des FC St. Pauli zuerst den unsicheren Schiedsrichter Robert Kampka.
Dann ätzte er gegen den umstrittenen München-Investor Hasan Ismaik und dessen Millionen-Investitionen ins 1860-Team. Und auch der eigene Kapitän bekam sein Fett ab: Wegen einer nicht geahndeten Tätlichkeit droht Lasse Sobiech ein Nachspiel vor dem DFB-Sportgericht. „Das war heute ein sehr, sehr intensives Spiel, in dem wir wieder einiges schlucken mussten“, sagte Lienen.
Zu Recht monierte er den falschen Elfmeter-Pfiff des Referees aus Mainz, durch den die von Christopher Buchtmann erzielte Führung (16. Minute) dahin war. Michael Liendl (70.) traf zum 1:1. „Eine krasse Fehlentscheidung. Wenn ich so in ein Spiel eingreife, muss ich absolut sicher sein. Und dann zeigt er auch noch dem falschen Spieler die Gelbe Karte“, moserte Lienen.
Der vermeintlich gefoulte Karim Matmour hatte in den Rasen getreten, während der verwarnte Sobiech gar nicht eingriff. Auf Befragen des Torrichters nahm Kampka das Gelb für Sobiech zurück und verwarnte dafür Bernd Nehrig. „Der ist neben Matmour hergelaufen. Ich glaube nicht, dass das verboten ist“, meinte Lienen süffisant. „Wir haben in dieser Saison kein Glück bei den Schiedsrichter-Entscheidungen.“
Einmal aber doch: Als Sobiech gegen 1860-Spieler Mauersberger nachtrat, hätte es Elfmeter für die Gäste und Rot für den Abwehrchef geben müssen (50.). Da den TV-Kameras diese Aktion - anders als Kampka - nicht verborgen blieb, muss Sobiech eine nachträgliche Sperre fürchten. „Lasse ist ein besonnener Spieler, da muss vorher etwas passiert sein“, sagte Lienen und berichtete später von Striemen am Körper des Verteidigers. „Dass er sich zu so einer Aktion hinreißen lässt, darf aber natürlich nicht passieren“, kritisierte der 62 Jahre alte Coach.
Einmal in Rage, schoss er verbal auch noch gegen 1860-Investor Ismaik, dem er wegen dessen Zahlungen - nach eigenen Angaben hat der Jordanier rund 50 Millionen Euro in den Club gesteckt - indirekt Wettbewerbsverzerrung vorwarf. „Welcher Zweitligist kann sich einen Mann wie Stefan Aigner für drei Millionen leisten?“, sagte Lienen und stellte das gesamte Geschäftsmodell infrage. „Alle reden über RB Leipzig, aber das hier ist für mich viel schlimmer. Investoren zu holen, ist der falsche Weg. Das hat mit kontinuierlicher Entwicklung nichts zu tun.“
Während St. Pauli fast nur ablösefreie Akteure holte und ein Transferplus von 2,5 Millionen Euro erzielte, lag das Minus der „Löwen“ bei rund vier Millionen. „Der Club hing vor kurzem noch am Tropf. Wenn die Investoren keine Lust mehr haben, fällt alles wie ein Kartenhaus zusammen“, meinte Lienen.