WM-Affäre Auch DFB droht Millionen-Geldbuße in Steuerverfahren
Frankfurt/Main (dpa) - In der Affäre um die Fußball-WM 2006 hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt die Anklageerhebung gegen die früheren DFB-Funktionäre Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt offiziell bestätigt.
Neu ist, dass auch dem Deutschen Fußball-Bund eine Geldbuße in Millionenhöhe droht, falls seine langjährigen Spitzenfunktionäre wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall verurteilt werden.
Sollte das Landgericht Frankfurt zu der Überzeugung kommen, dass Niersbach, Zwanziger und Schmidt vorsätzlich gehandelt haben, könnte die Geldbuße bis zu zehn Millionen Euro betragen. Sollten die drei nur wegen fahrlässiger Steuerhinterziehung verurteilt werden, droht dem DFB immer noch eine Zahlung von maximal fünf Millionen. Das bestätigte die Oberstaatsanwältin Nadja Niesen am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Die Staatsanwaltschaft hat in dem Verfahren gegen die drei Protagonisten des „Sommermärchen“-Skandals beantragt, dass auch eine Nebenbeteiligung des DFB angeordnet wird. Dies ist nach Angaben von Niesen dann möglich, wenn eine leitende Person einer Institution eine Straftat begangen hat.
Im Zentrum der gesamten WM-Affäre stehen zwei ominöse und bis heute ungeklärte Zahlungen über 6,7 Millionen Euro. Niersbach, Zwanziger und Schmidt wird in der Anklage vorgeworfen, die Rückzahlung dieser 6,7 Millionen verschleiert, dadurch eine falsche Steuererklärung für das WM-Jahr 2006 abgegeben „und hierdurch Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuern sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB verkürzt zu haben“.
Alle drei weisen den Vorwurf zurück. „Ich hatte zu keinem Zeitpunkt die Veranlassung, den reichen DFB durch eine Steuerhinterziehung noch reicher zu machen“, sagte der langjährige Verbandschef Theo Zwanziger zu der Anklageerhebung. Auch der DFB erklärte erst im Mai in einer Stellungnahme: „Der DFB geht gemeinsam mit seinen rechtlichen und steuerlichen Beratern unverändert davon aus, dass die Zahlung der 6,7 Millionen Euro eine steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe im Zusammenhang mit der erfolgreichen WM 2006 darstellte.“ Deshalb geht der Verband in einem weiteren Verfahren auch dagegen vor, dass er 2017 bereits 19,2 Millionen Euro an Steuern nachzahlen musste, weil das Finanzamt einen geänderten Bescheid für das WM-Jahr 2006 erließ.
Der gesamte Skandal geht zunächst auf ein Darlehen in Höhe von umgerechnet 6,7 Millionen Euro zurück, das der WM-Organisations-Chef Franz Beckenbauer 2002 von dem früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus erhielt. Beckenbauer und sein damaliger Manager Robert Schwan leiteten das Geld auf ein Konto in Katar weiter, das zum Firmengeflecht des damaligen und nachweislich korrupten FIFA-Funktionärs Mohamed Bin Hammam gehörte.
Warum Beckenbauer im Vorfeld der WM 2006 Millionen nach Katar überwies und was danach mit diesem Geld passierte, wird auch das Steuerverfahren gegen die WM-OK-Mitglieder Niersbach, Zwanziger und Schmidt nicht klären können. Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung gingen in ihren seit November 2015 andauernden Ermittlungen allein der Frage nach, warum 2005 nicht Beckenbauer die 6,7 Millionen an Louis-Dreyfus zurückzahlte, sondern der DFB.
Der Verband überwies das Geld an die FIFA und die leitete es an den Franzosen weiter. Deklariert wurde die Zahlung in der Steuererklärung als Beitrag zu einer WM-Gala, die jedoch nie stattfand.
Die Staatsanwaltschaft wirft Niersbach, Schmidt und Zwanziger als Verantwortlichen für diese Steuererklärung eine Tarnung des tatsächlichen Verwendungszwecks vor. „Eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro soll im Jahresabschluss des DFB als Betriebsausgabe geltend gemacht worden sein, obwohl ihr tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde lag und die Zahlung daher nicht steuermindernd hätte verbucht werden dürfen“, heißt es in einer Presseerklärung, die die Staatsanwaltschaft am Freitag herausgab.
Die drei Beschuldigten argumentieren genau wie der DFB, dass die 6,7 Millionen einen direkten Bezug zur WM 2006 gehabt hätten und deshalb steuerlich absetzbar gewesen seien. Ein Termin für den Prozess gegen Niersbach, Zwanziger und Schmidt steht noch nicht fest, da das Landgericht zunächst prüft, ob es die Anklage so zulässt.