Borussia Mönchengladbach So plant Max Eberl Gladbachs Kader
Der Sportdirektor über das Duell mit Leverkusen, Angst um Favre und die Millionen, die für Kruses Wechsel anfallen würden.
Mönchengladbach. Eintritt in das Büro von Max Eberl, Flipchart hier, ein Kalender aus dem Privaturlaub dort. An der Wand ein großes Foto: Jupp Heynckes mit der Nummer 6 im Gladbach-Trikot, Bökelberg. Heynckes? Eberl sagt: „Rainer Bonhof glaubt, dass kann nicht Jupp sein, der habe nie die 6 getragen." Trotzdem: Das muss er sein, der Mann, der am Samstag 70 Jahre alt wird. Gibt es gegen Leverkusen ein Gladbacher Geschenk für Heynckes? „Das könnte man auch Leverkusen fragen, die neue Geschichte von Jupp hat in Leverkusen begonnen", sagt Eberl und lacht. „Natürlich würden wir gerne Jupp Heynckes beschenken." Schon sind wir beim ersten Thema.
Herr Eberl, Gladbach ist mit 33 Punkten die beste Rückrundenmannschaft, Leverkusen mit 30 die drittbeste. Am Samstag geht es um sehr viel.
Max Eberl: Beide haben eine fantastische Serie gespielt. Jedes Wochenende denkst du, hey, wir haben gewonnen, dann guckst du rüber und siehst: die auch. Ein toller Zweikampf, beide hätten es verdient, es direkt in die Champions League zu schaffen.
Ist auch Wolfsburg noch in Reichweite?
Eberl: Wolfsburg hatte in dieser Saison eine große Belastung, sie haben viel mit ähnlicher Elf gespielt. Der Vorsprung ist von acht auf zwei Punkte geschrumpft. Das heißt nicht, dass wir nach Wolfsburg schielen, aber wir registrieren, was passiert.
Ist das Spiel am Samstag gegen Leverkusen ein Endspiel um die direkte CL-Qualifikation?
Eberl: Ein Endspiel, aber nicht mit finalem Charakter. Gewinnen wir, dann sind es fünf Punkte, dann vielleicht schon. Bei anderen Resultaten würde es eng bleiben.
Für Sie beginnt der harte Teil der Arbeit, Sie bauen einen neuen Kader. Verändert sich der, wenn Sie am Ende Europa League spielen und nicht von der Geldmaschine Champions League verwöhnt werden?
Eberl: Nein, wir ändern unsere Kaderpolitik nicht, wenn wir in der Champions League dabei sind. Wir bauen einen Kader, der für Gladbach ohne Europa oder mit Europa League zu finanzieren wäre. Unsere Stärke war, diesen Kader sukzessive aufzubauen. Sofort alles an der Champions League auszurichten - daran haben sich schon viele verschluckt.
Mit welcher Kadergröße planen Sie?
Eberl: 25 Spieler, plus-minus 1. Da ist ein Dahoud dabei, ein Schulz dabei, auch drei Torhüter. Wir haben mit 19 Spielern die Saison bestritten, das sind die wenigsten der Liga. Aber bei uns haben alle eingesetzten Spieler im zweistelligen Bereich gespielt — abgesehen von Dahoud. Die Dichte ist groß, das werden wir nicht verändern.
Aus Hannover kommt Lars Stindl. Ersetzt er Christoph Kramer?
Eberl: Stindl kann die Kramer-Rolle spielen - aber auch andere Positionen - offensiv im Mittelfeld, auch auf beiden Außenpositionen. Wir sind da gut aufgestellt, den Fokus können wir auf andere Positionen legen.
Auf welche?
Eberl: Wir schauen nach einem Innenverteidiger. Dass wir mit Roel Brouwers und Martin Stranzl verlängert haben, ist ihrer Qualität geschuldet und der Tatsache, dass sie in der Kabine eine herausragende Rolle spielen. Aber wir wollen den Umbruch nicht verpassen. Wir haben es im vergangenen Jahr versucht, wir versuchen es jetzt wieder, einen zu finden. Das wissen auch alle unsere Verteidiger.
Max Kruse flirtet heftig mit Wolfsburg, können Sie bestätigen, dass er dorthin wechselt?
Eberl: Kann ich nicht bestätigen, wir haben noch nichts gehört, auch wenn wir mit ihm sprechen. Dass Max die Chance hat, ist bekannt. Und wir haben die Situation im Auge, dass es passieren kann — und zwar seit längerem.
Und Wolfsburg bringt 12 Millionen Euro, die laut Ausstiegsklausel zu zahlen sind?
Eberl: Wolfsburg ist noch nicht gekommen.
Kruse hat eine Ausstiegsklausel. Muss man als abgebender Verein überhaupt etwas hören?
Eberl: Natürlich. Bei Zahlungen kommt es auf bestimmte Daten und Fälligkeiten an. Es gibt Fakten , die die Vereine klären müssen. Ein Spieler hat zwar eine Klausel, er kann aber nicht alleine einfach so sagen: Ich bin dann mal weg.
Würden Sie Kruse nachweinen?
Eberl: Ja, er hatte zwei tolle Jahre hier. Er war im ersten Jahr nach Marco Reus der beste deutsche Scorer, in diesem Jahr spielt er in der Top-Ten-Liste eine gute Rolle. Wenn man das sieht, musst Du ihm als Verein eine Träne nachweinen. Aber: Mit Raffael, Stindl, Hazard haben wir schon ähnliche Spieler. Und dass wir die Augen offen halten, ist auch kein Geheimnis.
Aus Frankfurt ist Seferovic, aus Freiburg ist Mehmedi auf dem Markt.
Eberl: Nein, sie sind nicht auf dem Markt, sie haben Verträge. Namen kommentieren wir nicht.
Münchener Zeitungen vermeldeten unlängst, Granit Xhaka stehe vor einem Wechsel zu den Bayern.
Eberl: Kann ich ausschließen — zu 100 Prozent.
Amüsiert es Sie, so etwas zu lesen?
Eberl: Bisweilen schon. Wir wurden beglückwünscht, dass wir mit ihm im zweiten Schritt verlängert haben. Um dann drei Wochen später zu sagen, nach Atletico Madrid ist es jetzt Bayern München? Wir wissen sehr gut, was wir besprochen haben.
Suchen Sie in der Offensive einen spielenden Stürmer oder den klassischen Knipser?
Eberl: Wir wollen beides in einem, das ist die Aufgabe. Wir suchen einen, der uns das Spiel auch mal wieder breiter machen kann. Wir brauchen variable Spieler. Er muss sich in dem, was wir aufgebaut haben, wiederfinden — und trotzdem eine neue Qualität reinbringen.
Sie haben viel Geld auszugeben.
Eberl: Wir haben Möglichkeiten, das ist so. Eine eventuell zu erwartende Transfereinnahme im Fall Kruse würde das Portemonnaie nicht kleiner machen. Aber das heißt nicht, dass wir einen Transfer wie de Bruyne oder Schürrle durchziehen, die Wolfsburg im Winter macht. Das können wir nicht stemmen, das ist die Wahrheit. Da bewegen wir uns in einer Gehaltsklasse mit längerer Vertragszeit, wo ich mich am Ende vielleicht fragen muss: Wie kann ich das denn jetzt eigentlich noch stemmen? Am liebsten habe ich ablösefreie Spieler, die hier einschlagen. Wir drehen nicht durch, wir treffen gute Entscheidungen.
Sind Sie kurz mal nervös geworden, als Trainer Lucien Favre in Dortmund im Gespräch zu sein schien?
Eberl: Im Fußball sind Worte wie „nie" oder „immer" nie zu verwenden. Ich weiß, dass wir einen Vertrag haben. Und ich weiß, dass wir gerade dabei sind, richtig etwas aufzubauen. Deswegen wäre ich überrascht gewesen. Aber da hätten wir ja auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Wie entwickelt sich Gladbach weiter?
Eberl: Wenn die Top 5 es stabil halten, stehen die vor Gladbach. Wir gehen mit dem Ballast in die Saison, dass die Leute von uns mehr erwarten werden. Und deshalb müssen wir die Realität auch wieder in den Vordergrund rücken. Leverkusen , Schalke, Dortmund — die spielen seit acht bis zehn Jahren jedes Jahr international. Und wir jetzt gerade drei Mal.