Borussia Mönchengladbach Zweifler, Zauderer und Bessermacher: Lucien Favre wird 60
Der ehemaliger Gladbachtrainer Lucien Favre wird 60. Gefeiert wird nicht, sondern Fußball gespielt, in Rom, wo er mit seinem Club OGC Nizza in der Europa League antritt.
Düsseldorf. Der Abgang durch den Hinterausgang im Spätsommer 2015 ist längst verziehen. Zu Borussia Mönchengladbach hat Lucien Favre immer noch einen guten Draht, im Sommer traf man sich sogar zur Saisonvorbereitung im Trainingslager. „Wir sind längst im Reinen“, sagte Borussias Sportdirektor Max Eberl. „Die viereinhalb Jahre kann uns niemand nehmen.“
Auch andere Personen im Club haben ein gutes Verhältnis und weiterhin Kontakt zu dem außergewöhnlichen Trainer, der Gladbach 2011 vor dem Abstieg bewahrte und vier Jahre später in die Champions League führen konnte - bevor er mit seinem überraschenden Rücktritt im September 2015 viele Fragezeichen hinterließ.
Fast wäre Favre, der an diesem Donnerstag 60 Jahre alt wird, wieder bei der Borussia gelandet - aber in Dortmund. Dort wollte man den Schweizer als Nachfolger für Thomas Tuchel, doch Favres aktueller Club OGC Nizza erteilte keine Freigabe. Auch in Frankreich hat der in einem kleinen Dörfchen nördlich des Genfer Sees aufgewachsene Trainer bislang gute Arbeit geleistet. Er ist ein Tüftler, ein „Großmeister der Kleinigkeiten“, wie ihn die Wochenzeitung „Die Zeit“ einst bezeichnete. Aber auch ein Zauderer und Zweifler.
Favre ist auf jeden Fall ein Trainer, der Spieler besser macht. Marco Reus hat er zum Nationalspieler gemacht. Reus war verblüfft über die immer wieder geübten Details, wie er zum Beispiel einen Gegenspieler mit welchem Fuß anzulaufen hat oder auf welcher Seite er dem Gegenspieler besser entwischen kann.
Trotz aller Vorteile bleibt Favre auch ein schwieriger Trainer. Sowohl bei Hertha BSC als auch in Mönchengladbach bot er immer wieder seinen vorzeitigen Rückzug an. 15 Monate sei ein Trainer im Schnitt bei einem Bundesligaclub, betonte Favre. In Mönchengladbach waren es am Ende sogar fast fünf Jahre, ehe er ging. Der Club wurde über die endgültige Entscheidung nicht von Favre, sondern von den Medien unterrichtet. Die hatte der Schweizer zuvor informiert.
Am Niederrhein stieß er die Verantwortlichen mit seinem überraschenden Rückzug vor den Kopf. In Berlin wurde er entlassen, sorgte aber mit einer von ihm später einberufenen Pressekonferenz für Aufregung. Leicht ist der Umgang mit dem stets freundlichen, höflichen und zuvorkommenden Trainer gewiss nicht. Dem Fußball wird er wohl immer treu bleiben, allerdings nicht unbedingt im Rampenlicht. „Vielleicht würde ich später gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeiten“, verriet er mal in einem Gespräch.
Um seinen Geburtstag hat er nie viel Aufhebens gemacht, auch diesmal wird er seinen Ehrentag dort verbringen, wo er am liebsten ist - auf dem Fußballplatz. Diesmal allerdings, ein wenig dem Ereignis angemessen, im Olympiastadion zu Rom, wo er mit Nizza in der Europa League bei Lazio Rom antritt.