Ballack kritisiert DFB - wortlos nach Training

Leverkusen (dpa) - Die große Medienschar wartete vergeblich, der „Capitano“ verließ die Trainingsanlage nach seinem ersten Arbeitstag wortlos. Michael Ballack hatte einen anderen Weg für eine weitere Stellungnahme zum Ende seiner Nationalmannschaftskarriere gewählt.

Noch während der einstündigen Übungseinheit unter dem neuen Trainer Robin Dutt ließ der Profi eine persönliche Pressemitteilung schriftlich von seinem Club Bayer Leverkusen verbreiten.

Darin kritisierte er erneut scharf den DFB und warf dem Verband um Bundestrainer Joachim Löw und Generalsekretär Wolfgang Niersbach vor, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Schließlich habe er sich entschieden, zurückzutreten und wollte dies auch selbst verkünden.

Nach dem Trainingsauftakt aber schwieg Ballack. Die rund 50 Medienvertreter warteten umsonst auf den Bayer-Profi, der über Clubsprecher Dirk Mesch ausrichten ließ, keine weiteren Kommentare abgeben zu wollen. Zuvor war Ballack mit seinem Team unter großem Applaus von den rund 500 Zuschauern empfangen worden.

Rudi Völler erklärte, dass er die Fehde zwischen Ballack und Bundestrainer Joachim Löw schlichten und Ballack zum Einlenken bewegen wolle. „Ich weiß, wie stur Michael Ballack ist“, sagte Bayer Leverkusens Sportdirektor am Sonntag vor dem Trainingsauftakt des Champions-League-Teilnehmers. Völler baut als ehemaliger Teamchef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf ein friedvolles Ausklingen des Zwists: „Ich habe die Hoffnung auf ein versöhnliches Ende noch nicht aufgegeben.“ Der ehemalige Teamchef kritisierte aber auch alle Beteiligten. „Alle Seiten haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Die letzten zwei, drei Tage hätten wir uns ersparen können“, sagte Völler.

Der langjährige DFB-Kapitän Ballack hatte nach eigenen Angaben am Donnerstag im Urlaub erfahren, dass er vom Bundestrainer nicht mehr berücksichtigt wird. Einen Tag später warf Ballack Löw in einer via Anwaltskanzlei verbreiteten Eigenerklärung „Scheinheiligkeit“ vor und bekundete seinen ultimativen Verzicht auf ein Abschiedsspiel. Dies sei, so Ballack, eine „Farce“. Am Sonntag erneuerte er seine Kritik und warf Löw eine Hinhaltetaktik vor. Zudem habe er mit dem Bundestrainer und DFB-Generalsekretär Niersbach vereinbart, dass er seinen gereiften Entschluss, zurückzutreten, selbst verkünden dürfe.

Völler und der neue Bayer-Trainer Robin Dutt trachten intensiv danach, rasch zum Alltag überzugehen. Jupp-Heynckes-Nachfolger Dutt gewinnt der neuen Situation um Ballack sogar positive Seiten ab: „Er kann sich jetzt auf die Champions League und die Bundesliga konzentrieren.“ Dutts Prämissen an sein Team sind hoch und decken sich mit denen von Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser: Bayer will endlich Meister werden. „Der Anspruch kann nur sein, vom zweiten Platz nach oben zu schauen. Ich bin nicht nach Leverkusen gewechselt, um aus einem zweiten Platz einen vierten oder fünften zu machen.“

Am ersten Arbeitstag musste Dutt allerdings noch auf einige Nationalspieler verzichten und überraschend auch auf den Brasilianer Renato Augusto, der seinen Flug nach Deutschland verpasst hatte. Unter den Akteuren waren auch die Neuzugänge Ömer Toprak (SC Freiburg), Karim Bellarabi (Eintracht Braunschweig) sowie der ausgeliehene Bastian Oczipka.

Völler machte zum wiederholten Mal deutlich, dass Bayer den wechselwilligen Chilenen Arturo Vidal, der ebenfalls am Sonntag fehlte, trotz eines Millionen-Angebots nicht Richtung Isar ziehen lassen wird. „Bayern München und der SSC Neapel haben für Arturo Vidal ein Gebot in einer Region abgegeben, in der wir nicht schwach werden“, betonte Völler. Bayern und „jeder andere Club in Deutschland können bieten, was sie wollen - wenn, dann wechselt Arturo ins Ausland“.