Gross soll Trainer in Nürnberg werden
Nürnberg (dpa) - Der Schweizer Christian Gross soll neuer Trainer beim 1. FC Nürnberg werden. Der 59-Jährige gilt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und mehrerer anderer Medien als aussichtsreichster Anwärter auf die Nachfolge des beurlaubten Michael Wiesinger.
Aufsichtsratschef Klaus Schramm bestätigte Gespräche mit dem autoritären Topkandidaten. „Ich fände es gut, wenn Herr Gross kommt. Ich wüsste auf Anhieb keine bessere Alternative“, sagte der Chef des fränkischen Kontrollgremiums dem Internetportal „sport1.de“.
Die Verhandlungen mit dem früheren Stuttgarter seien bereits fortgeschritten. „Die Gespräche laufen bis jetzt positiv. Gross würde von seinem Erscheinungsbild und seinem Auftreten sehr gut zu uns passen“, urteilte Schramm, neben dem mächtigen Sportvorstand Martin Bader der entscheidende Mann beim Fußball-Bundesligisten. Einigkeit sei allerdings noch nicht erzielt worden. „Nichts ist fix mit Herrn Gross“, sagte Bader. Spätestens bis zum Wochenende will der Verein die pikante Personalie vom Tisch haben: Kommenden Montag steht die Mitgliederversammlung an - dann soll der Neue möglichst schon dabei sein. Vorübergehend leitet U 23-Coach Roger Prinzen das Training.
Gross, zuletzt rund eineinhalb Jahre vereinslos, gilt als Mann mit Charisma und Strahlkraft, als ausgemachte Respektsperson. Mit seiner autoritären Art handelte er sich aber auch immer wieder Ärger ein. In der Zeit beim VfB Stuttgart zwischen 2009 und 2010 eckte er mit seinem teils absolutistischen Auftreten im Umfeld, bei Mitarbeitern und Spielern an, letztlich wurde er wegen Erfolglosigkeit freigestellt. Dasselbe Schicksal ereilte ihn im April 2012 bei seinem bislang letzten Club in der Schweizer Heimat, den Young Boys Bern.
Dennoch passt Gross perfekt ins Anforderungsprofil, das für die Trainersuche ausgegeben wurde: Er wäre das gewünschte Gegenbild zu Ex-Trainer Wiesinger. Dem smarten Trainer-Novizen, vor zehn Monaten aus der eigenen zweiten Mannschaft befördert, wurde nicht zuletzt fehlende Durchsetzungsfähigkeit vorgeworfen. „Herr Gross ist einer, der Autorität ausstrahlt, und wenn man davon ausgeht, dass die unter Herrn Wiesinger bei der Mannschaft etwas verloren ging, dann muss man zu so einem Typ wie Gross greifen“, urteilte Schramm. Zudem würde der Neue ausgewiesene Erfolge mit ins Frankenland bringen: Sechsmal wurde Gross Schweizer Meister, neunmal Schweizer Trainer des Jahres.
Aller Vorbehalte zum Trotz wollen Bader und Schramm jetzt auf die Erfahrung von Gross setzen, sofern der nicht noch im letzten Moment absagt. Das gescheiterte Experiment mit Nobody Wiesinger soll sich beim FCN nicht wiederholen. Die ordentlichen Vorstellungen in der vergangenen Rückrunde konnten nicht konserviert werden, nach acht Spieltagen in der neuen Saison wartet der Club noch immer auf seinen ersten Sieg. „Wir haben festgestellt, dass die Mannschaft ihr Potenzial nicht konstant ausgeschöpft hat“, betonte Bader und beteuerte: „Für mich ist klar: Wir haben Qualität in diesem Kader. Und diese Qualität wollen wir konstant auf dem Platz sehen.“
Der ebenfalls als Kandidat gehandelte Bruno Labbadia steht für ein Engagement in Nürnberg dagegen nicht zur Verfügung. „Ich halte nichts davon, bereits sechs Wochen nach meiner letzten Tätigkeit eine neue Trainerstelle anzunehmen“, sagte der 47-Jährige der „Bild“-Zeitung. Labbadia war Ende August wegen Erfolglosigkeit beim VfB Stuttgart beurlaubt worden - eine interessante Parallele zu Gross.