Neuer Leverkusen-Trainer Karrieresprung für Kämpfer Herrlich: Zurück im Rampenlicht

Regensburg (dpa) - Seine Maxime stibitzte Heiko Herrlich aus dem Märchen von den Zeitdieben. „Ich arbeite nach dem Beppo-Prinzip“, verwies der frühere Nationalstürmer vor dem beeindruckenden Durchmarsch mit Jahn Regensburg in die 2. Bundesliga auf den Straßenkehrer aus Michael Endes Roman „Momo“.

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Immer nur auf den nächsten Meter schauen, alles andere sei völlig irrelevant. Einen Trainer mit totaler Fokussierung erhält nun Bayer Leverkusen.

Die beiden bedeutendsten Partien in seiner Trainerkarriere bestand Herrlich erst zuletzt mit Bravour. Der 45-Jährige wusste um die Bedeutung der Relegation für den Jahn, für seine Spieler - und vor allem für sich. In nur anderthalb Jahren konnte Herrlich die Oberpfälzer aus der vierten in die 2. Liga führen.

In München schloss sich für Herrlich ein Kreis. Am 28. Mai 1997 hatte er - damals noch im Olympiastadion - mit Borussia Dortmund im Champions-League-Finale gegen den großen Favoriten Juventus Turin mit 3:1 triumphiert. Ottmar Hitzfeld wechselte ihn damals beim Stand von 2:1 für den zweifachen Torschützen Karlheinz Riedle ein. Als entscheidender Joker stach aber damals nicht er, sondern der 20 Jahre junge Lars Ricken, der nach nur zehn Sekunden auf dem Platz den dritten BVB-Treffer schoss.

Fast auf den Tag genau 20 Jahre später feierte Herrlich in München gegen den TSV 1860 seinen größten Erfolg als Trainer - den Aufstieg in die 2. Liga. „Es erfüllt mich mit Demut und Dankbarkeit, dass ich Teil sein darf von Jahn Regensburg“, sagte Herrlich nach dem Coup.

Der fünfmalige Nationalspieler (1 Tor), der in 258 Bundesligaspielen für Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und den BVB 75 Treffer erzielte, hat schon viel erlebt. Und er ist ein Kämpfer. Das hat er gerade abseits des Fußballplatzes bewiesen. Im Herbst 2000 war bei ihm ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert worden. Mit einer Strahlentherapie wurde dieser erfolgreich bekämpft. 2001 feierte Herrlich ein Comeback in der Bundesliga, zur Bestform aber fand er bis zum Karriereende mit 32 Jahren im Jahr 2004 nicht mehr zurück.

„Ich war schon vor meiner Krankheit gläubiger Christ, habe dem Leben gegenüber aber noch einmal eine dankbarere Haltung angenommen“, erzählte der Familienvater der „Mittelbayerischen Zeitung“. Beim Kinder-ins-Bett-Bringen ist ihm ein Standardsatz für das gemeinsame Einschlafritual wichtig: „Nenne mir drei schöne Sachen, die dir heute passiert sind.“ Schlummern mit schönen Gedanken.

Mit dem Aufstieg erhielt Herrlichs Trainer-Karriere einen Schub - Bayer wurde auf ihn aufmerksam. Auch Markus Weinzierl schaffte vor fünf Jahren mit Jahn Regensburg in der Relegation den Aufstieg in die 2. Liga. Kurz nach den Erfolgen gegen den Karlsruher SC wechselte Weinzierl damals in die Bundesliga zum FC Augsburg, ehe er sich beim FC Schalke 04 versuchen durfte.

In Leverkusen startete Herrlich auch einst seine Profikarriere. Als „Kulturschock“ bezeichnete er das einmal. „Ich habe eine eigene Wohnung gehabt und mir jeden Morgen aus der Spüle einen Löffel und ein Messer rausgefischt und die dann schnell sauber gemacht. Ich hatte Heimweh und habe oft geheult. Diese Zeit war wirklich eine Schule für's Leben.“ Herrlich ist längst ein anderer Mensch.