2:6 in Dortmund Druck auf Bayer-Coach Schmidt wird größer - BVB im Aufwind
Dortmund (dpa) - Roger Schmidt pflegte seinen Ruf als unorthodoxer Fußball-Lehrer. Trotz der deutlichen 2:6 (0:2)-Schlappe seines Teams bei Borussia Dortmund verblüffte der Leverkusener Trainer mit einer positiven Sicht der Dinge.
„Es hört sich komisch an, aber es war ein Schritt in die richtige Richtung“, kommentierte Schmidt, „meine Mannschaft hat einen guten Auftritt hingelegt.“
Mit dieser schmeichelhaften Umschreibung einer empfindlichen Schlappe dürfte der Coach jedoch alleine stehen. Sichtlich enttäuscht verweigerte sowohl Sportdirektor Rudi Völler als auch Geschäftsführer Michael Schade unmittelbar nach dem Spiel eine Stellungnahme. Naheliegende Fragen, ob der ohnehin schon in der Kritik stehende Trainer mehr denn je um seinen Job bangen muss, mochte keiner der beiden beantworten. Wortlos passierten sie die vielen Kameras und Mikrofone.
Selbst der Versuch von Schmidt, seine Mannschaft mehr in die Pflicht zu nehmen, verpuffte wirkungslos. „Wer es im Spiel nicht bringt und es im Training nicht zeigt, gehört nicht ins Team von Bayer Leverkusen“, hatte der Coach noch am Freitag getönt und eine härtere Gangart im Umgang mit seinen Profis angekündigt. „Mit dieser Kritik an der Mannschaft hatte der Trainer recht“, bekannte Mittelfeldspieler Lars Bender.
Außenstehende bewerteten die positive Spielanalyse des Trainers als Versuch der Schönfärberei. Schließlich musste die Werkself nach dem 2:4 gegen Atlético Madrid und der Heimpleite gegen den FSV Mainz (0:2) die dritte Niederlage in Serie hinnehmen. Damit spielt sie die schlechteste Saison seit 14 Jahren. Die Saisonziele sind in unerreichbare Ferne gerückt. „Die Champions League ist weg. Da muss man ehrlich sein“, bekannte Bender.
Immerhin startete Torschütze Kevin Volland (48.) den Versuch, die Kritik am Trainer auf die Mannschaft zu übertragen: „Jeder Spieler muss vor seiner Haustür kehren. Das 2:6 sollte sich jeder zu Herzen nehmen.“
Dagegen kommt die noch in der Hinrunde wankelmütige Borussia allmählich richtig in Fahrt. Wie schon bei den überzeugenden Siegen gegen Wolfsburg (3:0) und in Freiburg (3:0) spielte das Tuchel-Team auch gegen Leverkusen phasenweise groß auf. „Man sieht, dass wir Selbstvertrauen haben und der Spirit in der Mannschaft wächst“, kommentierte Trainer Thomas Tuchel.
Dank der Tore von Ousmane Dembélé (6.), Pierre-Emerick Aubameyang (26./69.), Christian Pulisic (77.), André Schürrle (85./Foulelfmeter) und Raphael Guerreiro (90.+2) festigte der Revierclub den dritten Tabellenplatz. Für das knifflige Achtelfinale in der Champions League gegen Benfica Lissabon am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky) scheint der BVB damit bestens gerüstet. Vor allem die Offensive um Torjäger Aubameyang und seinen kongenialen Mitstreiter Dembélé macht Mut.
Allerdings muss die Borussia am Mittwoch ohne Marco Reus auskommen. Der bis dahin starke Nationalspieler humpelte kurz vor der Pause vom Platz. Laut erster Diagnose hat er sich einen Muskelfaseriss im Oberschenkel zugezogen. „Es ist ausgeschlossen, dass er spielt“, sagte Tuchel. Sichtlich betrübt fügte er an: „Marco ist seit Wochen wahnsinnig stabil. Es ist ein großer Verlust.“