Heynckes und Löw: Doppelpass-Spiel mit Boateng
Neapel (dpa) - Mario Gomez kam sich vor wie beim FC Barcelona. „Auf der rechten Seite haben wir jetzt so einen Dani Alves mit weißen Schuhen“, schwärmte der Torjäger von Jérome Boateng.
Der Fußball-Nationalspieler hatte beim 4:0 der Bayern gegen Hertha BSC als rechter Verteidiger mit seinen Vorstößen derart Dampf gemacht, wie man es beim Champions-League-Sieger vom brasilianischen Nationalspieler Dani Alves gewohnt ist.
Ob Boateng der Vergleich wirklich gefallen hat? Der 23-Jährige fühlt sich erklärtermaßen im Abwehrzentrum am wohlsten. Auch um endlich dauerhaft innen verteidigen zu dürfen und nicht rechts außen in der Viererkette, war der 17-malige Nationalspieler im Sommer nach nur einem Jahr beim englischen Spitzenclub Manchester City zurück in die Bundesliga zum FC Bayern gewechselt. „Irgendwann möchte man eine feste Position haben. Ich mag es, im Zentrum den Überblick zu haben. Da habe ich das Spiel vor mir“, erläuterte er damals.
Doch Boateng hat die Rechnung ohne Jupp Heynckes und Joachim Löw gemacht. Sowohl beim Bundesliga-Tabellenführer als auch in der Nationalmannschaft muss er damit leben, dass die Trainer ihn auch rechts gut gebrauchen können. „Jogi und ich spielen den Doppelpass“, bemerkte Bayern-Coach Heynckes in Bezug auf den Bundestrainer.
Löw hatte Boateng jüngst beim 3:1-Sieg der DFB-Auswahl in der Türkei auch deswegen rechts den Vorzug vor dem Schalker Benedikt Höwedes gegeben, „weil er das bei Bayern zuvor gut gemacht hatte“. Der Bundestrainer sprach ganz grundsätzlich „von einem gegenseitigen Profitieren“ zwischen Club und Nationalteam.
Löw sucht, nachdem er Kapitän Philipp Lahm - analog zum FC Bayern - auch im DFB-Team wieder nach links versetzt hat, nach einer Lösung für rechts hinten. Boateng ist im Hinblick auf die EM 2012 ein Topkandidat. Löw schätzt die „Kraft und Athletik“ des Münchners im Spiel nach vorne, aber auch hinten erledige er seine Aufgaben gut.
Heynckes fand Boateng als Rechtsverteidiger gegen die Türken ebenfalls „richtig gut“. Im Verein ist der 13,5 Millionen Euro Neuzugang inzwischen auf dem rechten Außenverteidigerposten aber ebenfalls eine Alternative zum Brasilianer Rafinha. „Jérome profitiert davon, dass er flexibel ist. Das ist absolut notwendig in einer Spitzenmannschaft wie Bayern München“, betonte Heynckes.
Auch vor dem Champions-League-Spiel beim SSC Neapel stellte sich für Heynckes wieder die Frage, wohin mit Boateng? Grundsätzlich ist der WM-Teilnehmer von 2010 im Zentrum als Abwehrchef vorgesehen. Mit Holger Badstuber ergänzt sich Boateng bestens - das Duo könnte auf längere Sicht auch eine Zukunft bei Löw haben. „Jérome spielt bei uns auch fast immer in der Innenverteidigung“, sagte Heynckes, der Boateng bereits adelte: „Er ist genau der Spieler, den wir gebraucht haben.“
Boateng selbst versucht, das Beste aus seiner verflixten Doppelrolle zu machen. „Manchmal ist es ein Vorteil, dass man flexibel ist, manchmal nicht“, sagte er zuletzt im Kreise der Nationalmannschaft. Mit Blick auf die Europameisterschaft hat er bei Löw rechts hinten einfach deutlich bessere Aussichten auf einen Stammplatz als im Zentrum, wo die Konkurrenten Per Mertesacker, Mats Hummels und Vereinskollege Badstuber aktuell höher im Kurs stehen.
Hin und wieder wird Boateng darum auch beim FC Bayern mit dem Ausweichen nach rechts gut leben können. „Er beklagt sich nicht - er nimmt das an“, meinte Heynckes. Und mit Dani Alves verglichen zu werden, ist dann nicht das Schlechteste, was einem passieren kann.