Sammer treibt den FC Bayern weiter an

München (dpa) - Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer war nach dem 4:1-Sieg gegen BATE Borissow wieder einmal in seinem Element.

Der FC Bayern hatte gerade mit zahlreichen Hinterbänklern das Team aus der Ukraine abgefertigt und das Novum von drei deutschen Gruppensiegern in der Champions League perfekt gemacht, da ging der Erfolgs-Fanatiker auch schon mit der ihm eigenen Inbrunst gegen jede Form von Euphorie über die gemeinsame historische Leistung mit Dortmund und Schalke auf Europas schillerndster Fußball-Bühne vor.

„Aber was ist denn unser Anspruch? Dass wir uns freuen, dass wir die Vorrunde in der Champions League mit drei deutschen Mannschaften überstanden haben? Also, das wundert mich schon ein bisschen“, sagte Sammer, der bei seiner Analyse des deutschen Durchmarsches ins Achtelfinale für einen Moment in seine frühere Rolle als DFB-Sportdirektor zurückfiel. Nein, ein ehemaliger Spieler-Siegertyp wie Sammer hat andere Ansprüche: „Wir feiern das, als hätten wir schon das geschafft, was wir mal in der Vergangenheit geschafft haben, Titel zu gewinnen“, erklärte Sammer und richtete den Blick auf die kommenden K.o.-Runden: „Jetzt geht es ja los!“

Titel und Endspiele, das ist zumindest die Erwartungshaltung in München. Das Weiterkommen in einer Gruppe mit dem FC Valencia, Borissow und dem OSC Lille war eine pure Pflichtübung. „Es war der Auftrag vom Trainer, den Gruppensieg perfekt zu machen“, erklärte Mario Gomez, der das kleine Torfestival gegen Weißrusslands Meister einleitete. Thomas Müller, Xherdan Shaqiri und David Alaba legten nach. „Die Mannschaft hat es ordentlich gemacht“, meinte Sammer zur Vorstellung der kräftig durchrotierten zweiten Garde.

In bester Sammer-Doktrin betonte auch der immer besser Fuß fassende Torjäger Gomez: „Man hat in der Champions League nichts erreicht, wenn man als Gruppensieger weiterkommt. Man muss schon noch ein paar Spiele gewinnen, um am Ende erfolgreich zu sein.“ Schon das Achtelfinale könnte zur echten Herausforderung werden: Es droht eine neue Kraftprobe mit Real Madrid, auch Angstgegner AC Mailand liegt im Topf. Unangenehm wäre im tiefsten Winter auch ein Ausflug in die Ukraine zu Schachtjor Donezk.

„Wir können zuerst auswärts antreten. Wenn man die Zweitplatzierten sieht, weiß man, dass das positiv sein kann“, meinte Trainer Jupp Heynckes. Der FC Arsenal mit Lukas Podolski und Per Mertesacker, FC Porto, Celtic Glasgow und Galatasaray Istanbul sind weitere mögliche Kontrahenten. „Wir wollen ins Finale, dazu müssen wir eh jeden Gegner schlagen“, erklärte Gomez selbstbewusst.

Die unnötige Rote Karte von Jérôme Boateng könnte die Münchner Bosse je nach Ausgang der Auslosung noch mächtig ins Grübeln bringen. Der Innenverteidiger wird wohl in beiden Achtelfinalspielen gesperrt fehlen. Nach dem langfristigen Ausfall von Holger Badstuber (Kreuzbandriss) kann das ein echtes Problem sein. Sammer war angesichts des möglichen Engpasses im Abwehrzentrum sofort alarmiert: „Wir können uns nicht erst dann aktiv zumindest Gedanken machen, wenn wir sagen, oh, jetzt müssen wir etwas tun“, meinte der Vorstand.

Ein Zukauf im Winter muss zumindest abgewogen werden, da mit Dante und dem gegen Borissow guten Daniel van Buyten nur noch zwei Innendecker zur Verfügung stehen. Javi Martínez, Luiz Gustavo oder Anatoli Timoschtschuk könnten notfalls im Abwehrzentrum aushelfen. „Es heißt abzuwägen, abzuschätzen und strategisch vorbereitet zu sein, wenn man eine Entscheidung treffen muss“, sagte Sammer. Einen Schnellschuss wird es nicht geben, sondern die weitere Entwicklung beobachtet. „Es können Verletzungen kommen“, bemerkte Sammer.

Boateng plagte nach seiner eingesprungenen Grätsche gegen Artem Konzewoj jedenfalls gleich ein schlechtes Gewissen. In der Kabine ging er reumütig zu Heynckes. „Er hat quasi zu mir gesagt: 'Ja, Trainer, ich weiß, Sie brauchen gar nichts zu sagen. Da durfte ich nicht hingehen, das war ungeschickt von mir. Es tut mir leid'.“ Heynckes rügte Boateng: „Das ist völlig unnötig, dass ich hier mit einem Anlauf von 25 Metern in den Zweikampf gehe. Daraus muss man lernen, dass man solche Aktionen viel vorsichtiger durchführt.“

Der Trainer dürfte nun die Verlässlichkeit des Duos Dante/van Buyten testen. Sammer stellte für den Doppelpack beim FC Augsburg (Bundesliga, Pokal-Achtelfinale) und das letzte Heimspiel gegen Mönchengladbach eine Maximalforderung auf: „Wir müssen die drei Spiele alle gewinnen. Das muss unser Anspruch sein.“