Pokal-Duell der Konzern-Clubs Leipzig und Wolfsburg
Leipzig (dpa) - Ralf Rangnick schob sich noch schnell einen Halsbonbon in den Mund. Mit trotzdem kratziger Stimme hielt der Sportdirektor des Zweitligisten RasenBallsport Leipzig ein Plädoyer für furiosen Fußball.
Er gab damit die Richtung für das Achtelfinale im DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg am Mittwoch (19.00 Uhr) vor. „Die Art von Fußball, die wir generell spielen wollen, ist unterhaltsam, hat auch was mit Spektakel zu tun. Ich sage ganz ehrlich: Ich habe es lieber, bei uns gehen ab und zu mal Fans nach einem 3:3 heim und sagen: Wie geil war das denn, als dass wir regelmäßig irgendwie 1:0 gewinnen“, erklärte der 56-Jährige.
Da sich auch die Wolfsburger derzeit in bester Offensivlaune präsentieren, erwartet Rangnick ein torreiches Spiel im wohl mit 43 500 Zuschauern ausverkauften Stadion. „Momentan spricht mehr dafür, dass viele Tore fallen. Aber wir müssen sehen, dass sie einigermaßen gleichmäßig verteilt sind aus unserer Sicht“, sagte er. Für Interimstrainer Achim Beierlorzer ist klar: „Angriff ist die beste Verteidigung.“ Und Furcht vor dem Bundesliga-Zweiten kennt er schon gar nicht. „Wolfsburg ist eine sehr, sehr gute Mannschaft, aber keine Übermannschaft“, befand Beierlorzer.
Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking warnte daher vor dem Tabellenachten der 2. Bundesliga. „Für Leipzig ist das ein Ausnahmespiel. RB hat vor allem in der Offensive Qualität“, sagte er und fügte an: „Wir schauen nur auf uns. Wenn wir unsere Qualität abrufen, haben wir gute Chancen, das Viertelfinale zu erreichen.“ Zum zweiten Mal treffen beide Teams im Pokal aufeinander. 2011 hatte der damalige Viertligist sensationell mit 3:2 gewonnen.
Leipzigs Sportdirektor Rangnick blickt mit einer Mischung von Respekt, Neid und Anerkennung auf den Kontrahenten. Vor allem die Abteilung Attacke mit dem Abo-Torschützen Bas Dost nötigt ihm riesigen Respekt ab. „Momentan weiß ich gar nicht, wie der morgens noch durch seine Schlafzimmertür passt. Der muss ja platzen vor Selbstbewusstsein“, sagte Rangnick. Doch glaubt er auch, dass der ambitionierte Zweitliga-Aufsteiger wegen der offensiven Ausrichtung einen vergleichbaren Fußball spielt wie das Team von Hecking. „Da gibt es schon Parallelen“, sagte Rangnick.
Damit aber ist sein Sinn für Vergleiche zwischen RB Leipzig und dem VfL Wolfsburg erschöpft. Dass bei beiden Clubs fehlende Tradition kritisiert wird - geschenkt. Dass beide Clubs von Weltkonzernen wie VW und Red Bull finanziert werden - auch egal. „Wenn ich ganz ehrlich bin, orientieren wir uns an uns selbst und nicht an irgendwelchen anderen Vereinen. Ich glaube nicht, dass die Art, wie wir das entwickeln wollen und entwickelt haben, irgendeinem Vorbild gerecht wird“, meinte Rangnick.
Zwar imponiert ihm, dass die Wolfsburger einen Transfer über 32 Millionen Euro für André Schürrle gestemmt haben. „Das muss man erstmal hinbringen“, meinte der frühere Trainer. Aber: „Um einen André Schürrle zu identifizieren, brauchst du keine Scouting-Abteilung. Da kannst du auch eine Umfrage unter den Leuten in der Fußgängerzone machen.“
Das sei nun gar nicht seine Philosophie und die des Leipziger Geldgebers. Vielmehr habe es mit „Mut, mit Kreativität, mit Fantasie und Vorstellungskraft, was kann aus dem Spieler werden, zu tun“, zehn Millionen Euro für einen Schürrle auszugeben, „als er erst ein oder zwei Jahre einer der Bruchwegboys“ beim FSV Mainz 05 war. „Das sind eher die Zielgruppen, die wir im Auge haben“, erklärte Rangnick.