Bale und Ronaldo: Unterschiedliche 100-Millionen-Euro-Stars
Dinard (dpa) - Wenn sich Gareth Bale auf einen Freistoß vorbereitet, erinnert das an Cristiano Ronaldo. Mit weiten Schritten schreitet der Waliser rückwärts und bringt sich in Position.
Breitbeinig wie ein Pistolero in einem billigen Western steht er da, ehe er mit Kraft, Eleganz und Effet aufs Tor zielt - genau wie Ronaldo. Der Unterschied: Bale traf per Freistoß bei der Fußball-EM in Frankreich schon zwei Mal - Ronaldo bislang noch nicht.
Gemeinsam gewannen sie im Mai mit Real Madrid die Champions League. Sie tragen jeweils das Etikett des 100-Millionen-Euro-Stürmers und sind damit die zwei teuersten Spieler der Welt. Abgesehen davon sind die beiden Angreifer aber reichlich unterschiedlich.
Die Geschichte zu den geschätzten 100 Millionen Euro Ablösesumme belegt das, auch wenn ihr Wahrheitsgehalt nicht zu 100 Prozent gesichert ist. Bales Ablösesumme soll über der von Ronaldo gelegen haben, von Real in der Öffentlichkeit jedoch als geringer dargestellt worden sein, um den Portugiesen nicht zu kränken. Vorstellbar ist das. Es passt auf jeden Fall zum Eindruck, den Ronaldo mit seinem öffentlichen Auftreten vermittelt.
Von der EM in Erinnerung bleiben wird einigen Fußballfans etwa eine kleine Szene aus dem Vorrundenspiel gegen Ungarn. Der Außenseiter erzielte sein drittes Tor - und Ronaldo stampfte mit den Füßen wütend auf den Boden. So wie es ein kleiner Junge tut, dem die Mutter an der Supermarktkasse keine Fußballbildchen kaufen will.
Von Bale gibt es solche Szenen nicht. Zumindest nicht bei der EM. Da spielte er vergnügt nach dem Schlusspfiff gegen Nordirland mit seiner Tochter Alba Violet auf dem Rasen des Prinzenparks. Natürlich ärgert sich der Waliser auch mal, wenn etwas nicht klappt. Und er beschwert sich auch schon mal, wenn er gefoult, aber nicht gepfiffen wird. Aber nicht mit dieser Theatralik, nicht mit derart divenhaften Gesten.
Bale hat den Ball auch noch nicht so liebkost und geknutscht wie Ronaldo es tat, vor dem Elfmeter, den er gegen Österreich vergab. Der Waliser äußert sich auch nicht herablassend über den Gegner, so wie es Ronaldo nach dem Island-Spiel tat. Und deshalb erntet Bale auch nicht jene Häme, die dem Portugiesen von einem großen Teil des Publikums nach solchen Aktionen entgegen schlägt.
Ronaldo polarisiert wie kein anderer Spieler auf dieser Welt. Er wird dabei manchmal gar nicht mehr als Fußballer wahrgenommen, sondern nur noch als Reizfigur, über die es immer zwei Meinungen gibt. Superstar oder Schnösel? Erfolgsbesessener oder Egomane?
Sein ehemaliger Trainer Carlo Ancelotti hat ihn am Wochenende vehement verteidigt. „Der Rest der Welt schaut geradezu besessen auf sein Image und sein Aussehen, wie er Tore bejubelt und damit umgeht, wenn etwas schiefläuft. Ich sehe nur einen Spieler, der immer sein Bestes geben will“, schrieb der künftige Bayern-Coach in einer Kolumne für die britische Tageszeitung „The Telegraph“.
Der Italiener arbeitete mit Ronaldo von 2013 bis 2015 bei Real Madrid zusammen. „Es ist ein Vergnügen, ihn zu trainieren“, erklärte er. Ronaldo sei ein Perfektionist auf dem Trainingsplatz. Er kümmere sich sehr um sein Team. Er mache sogar Witze in der Kabine. Auch nahezu jeder Mitspieler von ihm betont: Ronaldo sei ihm persönlichen Umgang völlig anders, als die meisten denken.
Was Ancelotti über Bale schreibt, ist dagegen nicht nur positiv. In seiner Autobiografie findet sich eine Passage, nach der sich Bales Berater beim Präsidenten von Real Madrid über die taktische Rolle seines Schützling beklagt haben soll. „Der Präsident fragte mich, was wir nun machen werden. Und ich sagte: Nichts“, schreibt Ancelotti.
Die Episode zeigt aber auch: Bale und Ronaldo spielen bei Real Madrid zwar in einem Team, werden aber trotzdem vor allem als Konkurrenten wahrgenommen. Wer spielt auf welcher Position? Wer verdient wie viel Geld? Wer erhält welche Aufmerksamkeit? Das ist ein Dauerthema.
Im April hat sich Bale deshalb zum ersten Mal öffentlich über sein Verhältnis zu Ronaldo geäußert. Der britischen Zeitung „The Times“ verriet er: „Er ist auf dem Platz sehr, sehr leidenschaftlich - das weiß jeder. Er ist sehr verbissen. Die Menschen deuten das manchmal nicht richtig. Wir hatten noch nie ein Problem miteinander.“