Bundestrainer Löw mahnt Menschenrechte in Ukraine an
Rastatt (dpa) - Bundestrainer Joachim Löw hat die politische Situation in der Ukraine angemahnt und seinen Spielern Unterstützung bei Kritik am Co-Gastgeber der Fußball-EM zugesagt.
„Ich bin der tiefsten Überzeugung, dass Menschenrechte eines unserer höchsten Güter sind“, sagte Löw bei der Kaderpräsentation für die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli).
Selbstverständlich müssten Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, ein Schutz für Minderheiten und ein „humanitärer Umgang mit Frau Timoschenko“ beobachtet werden. „Egal wo, ob in China oder Nordkorea oder der Ukraine“, sagte der Bundestrainer am Montag in Rastatt.
Löw hält einen sportlichen Boykott der EM aber „nicht für sinnvoll“. Da das Turnier im Fokus der Weltöffentlichkeit stehe, sei es jedoch eine gute Möglichkeit, dass „Dinge diskutiert werden“. „Wir werden nicht als die Weltpolizei zur EM in die Ukraine reisen. Wir wissen, dass wir vorrangig den sportlichen Erfolg anstreben“, sagte Löw.
Teammanager Oliver Bierhoff zeigte sich froh darüber, dass die DFB-Auswahl bei der EM ein Quartier in Polen und nicht in der Ukraine beziehen wird. Vor den Toren Danzigs wohnen die Nationalspieler vom 4. Juni an und pendeln zu den Vorrundenspielen gegen Portugal (9. Juni/Lwiw), die Niederlande (13. Juni/Charkow) und Dänemark (17. Juni/Lwiw) in die Ukraine. Bierhoff sagte, man verfolge die Situation in der Ukraine „mit Sorge“.
Seine Spieler dürften selbstverständlich ihre Meinung äußern, so wie es Philipp Lahm zuvor getan hatte, betonte Löw. Der Kapitän hatte erklärt, dass er seine Ansichten unter anderem zu demokratischen Grundrechten in der derzeitigen politischen Lage in der Ukraine nicht wiederfinde. „Ich glaube, dass er Position beziehen sollte. Und ich bin gespannt, was er zu sagen hat“, erklärte Lahm in einem Interview des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ in Richtung UEFA-Präsident Michel Platini.
Öffentliche Äußerungen zu aktuellen politischen Themen der Nationalspieler sind in dieser Form neu. Bereits am Freitag hatte sich Stürmer Mario Gomez zur Lage im Co-Gastgeberland geäußert. Ermuntert wurden die Spieler zu den Meinungsäußerungen auch von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.
Gut vier Wochen vor Turnierbeginn gibt es massive internationale Kritik an der Ukraine wegen des Umgangs mit der inhaftierten Oppositionspolitikerin und früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Mehrere europäische Spitzenpolitiker, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, haben sich für einen EM-Besuchsverzicht ausgesprochen. Ein sportlicher Boykott wurde jedoch niemals ernsthaft öffentlich diskutiert.