EM 2016 TV-Kritik: Die erste Garde moderiert

Die deutsche Mannschaft ist bei der EM noch ein wenig auf der Suche nach ihrer Traumformation. Die ARD hat diese schon länger gefunden. Beim Spiel gegen Nordirland darf die erste Garde des Ersten ran — und macht ihre Sache weitgehend gut.

ARD-Fußball-Experte Mehmet Scholl (l) und der ARD-Moderator Matthias Opdenhövel harmonieren und sind fachlich auf der Höhe. Foto: Archiv

Foto: Marcus Brandt

Moderation: TV-Kritiken haftet ja immer das Image an, dass sie eben kritisch sein müssen. Im Fall von Matthias Opdenhövel und Experte Mehmet Scholl etwas negatives zu finden, fällt aber in der Tat schwer. Das Duo harmoniert, ist fachlich auf der Höhe und dazu auch noch locker. Direkt zum Start sagt Scholl: „Mit dem Gefühl, dass Deutschland spielt, aufzuwachen, hat Adrenalin bis in die Haarspitzen gebracht“, woraufhin Opdenhövel mit Blick auf Scholls spärliches Haupthaar antwortet: „Bis in die Haarspitzen? Das sieht auf dem Kopf eher nach 0:0 aus.“ Das Spiel läuft dann zum Glück etwas anders, wobei die Begeisterung der beiden nach dem 1:0 fast schon etwas zu groß ist.
Wertung: vier von fünf Sternen

Drumherum: Der Reporter für das deutsche Team ist Gerhard Delling. Der Mann mit der meisten Turniererfahrung im ARD-Team macht seine Sache routiniert, wenn er zum Beispiel DFB-Teammanager Oliver Bierhoff locker interviewt. Dazu kommen die Einspielfilme zur Vorbereitung auf die Partie über den Gegner, seine Fans (Stichwort „Will Griggs is on Fire“) und auch ganz aktuell den in die Startelf berufenen Joshua Kimmich. Der hohe personelle Aufwand, den die öffentlich-rechtlichen Sender zu so einem Turnier betreiben, wird so einigermaßen gerechtfertigt. In der Halbzeit werden die vielen deutschen Chancen schnell gezeigt und aufgearbeitet. Ähnlich unaufgeregt wie vor dem Spiel ist Delling auch nach der Partie im Gespräch mit Bundestrainer Joachim Löw. Einen schweren Stand hat hingegen Bernd Schmelzer, dem bei den Spielerinterviews die abgedroschenen Phrasen teilweise nur so um die Ohren fliegen.
Wertung: vier von fünf Sternen

Kommentar: Tom Bartels ist ja auch ein bisschen Weltmeister, schließlich hat er das Finale 2014 kommentiert und so seinen Platz in der deutschen Fernsehgeschichte sicher. Wie die Spieler darf sich aber auch Bartels nicht auf dem Titel ausruhen. Nur: In WM-Form ist der ARD-Mann bei der EM noch nicht so recht. Nachdem er bei seinen vorherigen Einsätzen einige Sachen über- bzw falsch gesehen hatte, ist er jetzt zwar meistens auf Ballhöhe, bleibt aber lange bei einer positiven Linie. Bei vielen vergebenen Chancen des deutschen Teams ist es wahlweise der nordirische Torwart oder einfach Pech für Bartels. Hier wäre maßvolle Kritik am Unvermögen der Spieler im Abschluss angebracht. „Die Mannschaft kann sich sicher noch weiter steigern“, sagt Bartels schließlich — und könnte sich damit auch selbst meinen.
Wertung: drei von fünf Sternen