Schalke 04: Kaum Hoffnung auf Wunder in Bilbao
Gelsenkirchen (dpa) - Ärger, Frust, Wut und nach unglaublichem Torhüter-Pech nur noch ein klitzekleines Fünkchen Hoffnung - beim FC Schalke 04 ist die wochenlange Hochstimmung in tiefe Enttäuschung umgeschlagen.
Nach dem 2:4 (1:1) gegen Athletic Bilbao glauben nur noch wenige Protagonisten an ein Fußball-Wunder im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League. „Ich bin realistisch“, sagte Trainer Huub Stevens mit ruhiger Stimme. „Ich weiß, dass wir 3:0 oder 4:1 gewinnen müssen. Das wird nicht einfach.“ Und auch Manager Horst Heldts Optimismus nach der ersten Niederlage im siebten Europapokal-Heimspiel und dem Ausfall von Timo Hildebrand (Kapsel- und Sehnenverletzung am rechten Ellbogen) hält sich in Grenzen: „In Bilbao brauchen wir schon ein großes Wunder.“
Abschenken werde man die kleine Chance auf den Halbfinaleinzug aber nicht, betonte Heldt. Und schürte damit ein ganz klein wenig Zuversicht. „Schalke ist eine großer Verein, der sich immer gut präsentieren muss. Und wir haben auch eine Verantwortung gegenüber unseren Fans“, appellierte der Manager an die Ehre der Mannschaft, die nach der Mut machenden 2:1-Führung durch Doppeltorschütze Raúl (22./59.) völlig den Faden verlor und in den letzten 20 Minuten eine zumindest akzeptable Ausgangsposition für die Partie in der baskischen Hauptstadt am kommenden Donnerstag vergab.
Fernando Llorente, der in der 20. Minute nach einem Patzer von Hildebrand den Ball zum 1:0 über die Linie stocherte, besorgte per Kopf auch den 2:2-Ausgleich (73.). Danach lösten die Schalker im Bemühen, vielleicht noch ein drittes Tor zu machen, jegliche Ordnung auf und ließen sich wie eine Schülerelf noch zweimal von Oscar de Marcos (81.) sowie Jungstar Iker Muniain (90.+3) übertölpeln.
„Wenn man nicht alle Spieler hundertprozentig im Spiel hat, ist es gegen so ein starkes Team schwierig“, kritisierte Stevens das ungestüme Anrennen und die Auflösungserscheinungen in der Defensive. „Nach dem 2:1 muss man auch mal zufrieden sein und die Ordnung beibehalten. Das haben wir nicht getan und sind ausgekontert worden.“
Zur traurigen Figur wurde neben Hildebrand, der sich unmittelbar vor dem 0:1 eine Kapsel- und Bänderverletzung zugezogen hatte, aber noch bis zur Pause durchhielt, Mathias Schober. Drei Jahre nach seinem letzten Pflichtspiel für Schalke am 13. März 2009 in Wolfsburg „feierte“ der 35-Jährige in der zweiten Spielhälfte ein unerwartetes Comeback und musste noch dreimal hinter sich greifen. „Schobi“ ist nach den Verletzungen von Ralf Fährmann (Kreuzbandriss), Lars Unnerstall (Schultereckgelenksprengung) und nun Hildebrand schon der vierte Schalke-Keeper, der in der laufenden Saison ran muss.
„Ich muss jetzt erstmal schauen, welche Torhüter ich noch habe“, sagte Stevens, der im Training Robin Himmelmann (Schalke II) und U-19-Schlussmann Lukas Raeder testete. Doch selbst ein Blitz-Comeback von Unnerstall auf der Bank scheint nicht ausgeschlossen. Unnerstall ist nach seiner im Februar erlittenen Blessur in der Reha weiter als Fährmann. Beide haben aber noch nicht wieder mit dem Team trainiert. Bei Unnerstall hatten die Ärzte eigentlich einen anderen Zeitplan, weil keine Not herrschte.
„Ich muss sehen, wer am weitesten ist. Lars kann vielleicht wieder mitmachen. Aber ich weiß nicht, ob man das Risiko eingehen muss“, sagte Stevens. Unglücksrabe Schober, der im Sommer seine Karriere beendet, hatte kaum noch mit einem Einsatz gerechnet. Obwohl: „Ich saß ja schon fast die ganze Saison auf der Bank, weil eigentlich immer einer verletzt war. Deswegen war es immer im Bereich des Möglichen.“ Es sei „nicht schön, wenn man so ein tolles Spiel verliert. Aber so ist Fußball“, meinte der Ur-Schalker. Nach dem 2:2 hätte man unbedingt noch gewinnen wollen, „leider sind wir dann das ein- oder andere mal wild nach vorne gelaufen“, analysierte Schober.
Jermaine Jones versicherte, in Bilbao das Unmögliche zu versuchen: „Wir sind ins offene Messer gelaufen, daraus müssen wir lernen. In Bilbao werden wir alles geben, um das Wunder zu schaffen.“