FIFA-Chefaufseher: Blatter soll Koketterie beenden
Berlin (dpa) - Es reicht, der FIFA-Chefaufseher hat ein Machtwort in Richtung Joseph Blatter gesprochen. „Die Zeiten des Kokettierens mit der Macht sind endgültig vorbei“, ließ Domenico Scala mitteilen.
Nach den zweideutigen Aussagen von Blatter, der entgegen bisheriger Annahmen auch nicht mehr mit Neuwahlen in diesem Jahr rechnet, forderte der Vorsitzende der Kommission für Audit und Compliance vom 79 Jahre alten Noch-Amtsinhaber vor allem ein klares Bekenntnis: „Ich fordere alle Beteiligten - auch Herrn Blatter - auf, sich im Interesse der Reformen unmissverständlich hinter die angekündigte Wachablösung an der Spitze der FIFA zu stellen.“
Aber nicht nur, dass Blatter mit seinen jüngsten Statements Spekulationen um einen Verbleib im Amt alles andere als beseitigte. Er geht auch nicht davon aus, dass in diesem Jahr überhaupt noch etwas an der Spitze des Fußball-Weltverbandes passiert - außer, dass er dort ist. Bisher galt der 16. Dezember als wahrscheinlicher Termin für die Neuwahl. Aber Blatter sagte zu einem Votum noch 2015: „Kaum, zumal zwischen dem 10. und 20. Dezember in Japan noch die Club-WM gespielt wird.“ Ein realistischer Termin für den außerordentlichen Kongress sei Anfang 2016.
Vor knapp einem Monat, am 2. Juni, gab Blatter seinen Rückzug bekannt. Er bezeichnete es nun in einem Interview der Schweizer Zeitung „Walliser Bote“ (Samstag) als „Befreiungsschlag“ für die FIFA - und sich selbst. „Was an dem Tag passiert ist, war für den Fußball ein Erdbeben“, sagte Blatter rückblickend auf die nur kurz vorher einberufene Pressekonferenz im Hauptquartier der FIFA in Zürich. „Es war die einzige Möglichkeit, den Druck, auch denjenigen durch die Sponsoren, von der FIFA und meinen Angestellten zu nehmen. Damit die FIFA und meine Person aus der Schusslinie genommen werden.“
Er zog mit seiner Ankündigung die Konsequenzen aus dem schlimmsten Skandal, den die FIFA je erlebt hat. 14 hohe Fußball-Funktionäre sind im Zuge von US-Ermittlungen um Korruption und Geldwäsche festgenommen worden. Zudem prüfen Schweizer Behörden die von Anfang an umstrittenen Vergaben der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar.
Blatter hielt sich einige Zeit bedeckt und zurück. In den jüngsten Tagen aber heizte der FIFA-Chef Spekulationen um einen möglichen Verbleib im Amt an, auf dem Kongress vier Tage vor seiner Rückzugsankündigung war Blatter in seine fünfte Amtszeit gewählt worden. „Es war meinerseits kein Rücktritt“, beharrte Blatter nun mehrfach. Und immer wieder betonte er: Er habe sein Mandat als FIFA-Präsident zur Verfügung gestellt.
Bei der offiziellen Veranstaltung zum künftigen FIFA-Museum hatte Blatter dann auch noch seinen Zuhörern gesagt: „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich bin weder reif für das Museum noch fürs Wachsfigurenkabinett!“ Nur wer die Vergangenheit kenne, könne die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.
Schon vorher tauchten Spekulationen auf, dass Blatter womöglich seinen Chefsessel in der FIFA-Straße von Zürich doch nicht räumt. Die Zeitung „Schweiz am Sonntag“ hatte unter Berufung auf Blatters Umfeld berichtet, dass Verbände aus Asien und Afrika dessen angekündigten Rückzug verhindern wollten. Blatter wiederum fühle sich dadurch geehrt und schließe nicht aus, weiter an der Spitze des skandalgeschüttelten Verbandes zu verweilen.
Jedenfalls scheint Blatter sich einmal mehr in diesem Verwirrspiel zu gefallen. Er sei kein Kandidat bei den Neuwahlen, „sondern der gewählte Präsident“ des Fußball-Weltverbandes, betonte er in dem Interview des „Walliser Bote“. Er sei nach wie vor Präsident der FIFA und „voll handlungsfähig“, betonte Blatter. „Die FIFA und der Fußball sind seit 40 Jahren der wichtigste Teil meines Lebens. Deshalb werde ich bis zu meinem letzten Arbeitstag alle Kraft und Inspiration dazu benützen, das Schiff zurück in den sicheren Hafen zu steuern.“ Doch wann dieser sein wird, bleibt weiter offen.