Afrikameister bei Confed Cup 23 Spieler aus 15 Ländern: Kameruns neuformiertes Team
Sotschi (dpa) - Kameruns „unzähmbare Löwen“ - das waren bei den vergangenen großen Turnieren immer: ein Star wie Samuel Eto’o, der alle anderen überstrahlte.
Ein paar Bundesliga-Profis wie Joel Matip, die ihm fleißig zuarbeiteten. Und zumindest meistens ein deutscher Trainer, der neben Eto’o auch noch ein bisschen was zu sagen hatte. Bei der Weltmeisterschaft 2002 hieß dieser Trainer Winfried Schäfer, bei der WM 2014 dann Volker Finke. Doch seit der Belgier Hugo Broos das Team übernommen und zum Confederations Cup in Russland geführt hat, ist die Auswahl Kameruns kaum mehr wiederzuerkennen.
Jene Mannschaft, die am Sonntag (17.00 Uhr) in Sotschi auf den Weltmeister Deutschland trifft, hat keine Stars oder zumindest namhaften Spieler von bedeutenden europäischen Clubs mehr in ihren Reihen. Sie rechnet sich gegen Deutschland auch nicht wirklich eine Chance auf den Sieg und den noch immer möglichen Einzug in das Halbfinale aus, sondern begreift diesen Confed Cup in erster Linie als Erfahrungsgewinn. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die solche Turniere braucht, um besser zu werden“, sagte Broos. „Das wird morgen ein sehr schweres Spiel. Aber wir wollen alles dafür tun, um noch eine Extra-Woche in Russland bleiben zu können.“
Der 65-Jährige nahm als Spieler an der WM 1986 teil. Als Trainer war er schon in Griechenland, Algerien, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig. Um Spieler für das Team der „unzähmbaren Löwen“ zu finden, ist er sogar noch weiter herumgereist in der Welt. Kameruns Kader besteht beim Confed Cup aus 23 Profis, die in 15 verschiedenen Ländern auflaufen. Broos hat dafür Profis aus der slowakischen, chinesischen, norwegischen oder sogar angolanischen Liga nominiert. Der Einzige von ihnen, der sein Geld in Deutschland verdient, ist der Stürmer Jacques Zoua vom 1. FC Kaiserslautern.
„Als ich Anfang 2016 nach Kamerun kam, fand ich dort ein sehr altes Team vor“, erzählte Broos beim Confederations Cup. „Wir wussten: Dieses Team hat keine Zukunft. Also haben wir sehr intensiv gescoutet und fanden in verschiedenen europäischen Ligen viele junge Spieler, die einen modernen Fußball spielen können.“
Nur Verteidiger Sebastien Siani vom KV Oostende ist bereits 30 Jahre alt. Nur Stürmer Vincent Aboubakar von Besiktas Istanbul und Torwart Andre Onana von Ajax Amsterdam haben bereits so etwas wie eine internationale Reputation. Trotzdem gewann Kamerun mit diesem völlig neuformierten Team im Januar überraschend den Afrika Cup.
„Wir wollen hier in Russland zeigen, dass dieser Erfolg kein Zufall oder ein Unfall war“, sagte Broos. Und auch Bundestrainer Joachim Löw lobte den nächsten Gegner in Sotschi: „Keine Mannschaft bei diesem Turnier liebt es so sehr wie Kamerun, ihren Gegner in Zweikämpfe zu verwickeln. Das ist ihre Lieblingsbeschäftigung“, sagte er. „Kamerun hat gar nichts zu verlieren. Sie können nur gewinnen.“
0:2 gegen Chile und 1:1 gegen Australien sind die bisherigen Ergebnisse beim Confed Cup. Beim Spiel gegen Chile in Moskau saß sogar der frühere Barcelona- und Inter-Mailand-Stürmer Eto’o auf der Tribüne, der aus der Nationalmannschaft zwar zurückgetreten ist, mit 36 Jahren aber noch immer für den türkischen Club Antalyaspor spielt.
In seiner Heimat hatte Eto'o schon früh eine Fußball-Akademie gegründet. Seine Beziehung zum Nationalteam besteht jetzt nur noch darin, dass dort mittlerweile die ersten drei Spieler angekommen sind, die dieser Akademie entstammen: die beiden Torhüter Onana und Joseph Ondoa sowie der Stürmer Christian Bassogog. „Ich bin darauf fast so stolz wie ein Vater, der seine Kinder aufwachsen und große Dinge erreichen sieht“ sagte Eto'o. „Kamerun hat ein gutes Team und vor allem eine großartige Gruppe. Diese Harmonie ist schon die Hälfte von dem, was du brauchst, um ein Spiel zu gewinnen.“