Mittelmaß: Auf Klopp wartet viel Arbeit
Liverpool (dpa) - Der Tiefschlag saß. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie schwer die Aufgabe von Jürgen Klopp beim FC Liverpool ist, dann lieferte ihn das bittere 0:1 im Derby gegen den Erzrivalen Manchester United.
Sein Versprechen zu Beginn seiner Amtszeit, „Vollgas-Fußball“ bieten zu wollen, hat der ehemalige Dortmunder Coach längst noch nicht erfüllt. „Der charismatische Trainer hat Leben an die Anfield Road gebracht, aber jetzt wird das Ausmaß seiner Aufgabe immer deutlicher sichtbar“, schreibt die britische Zeitung „The Telegraph“.
Vor dem Wiederholungsspiel im FA-Cup am Mittwoch gegen den Viertligisten Exeter City weht der Wind an der Merseyside rauer. In der Premier League gewann die Klopp-Elf nur zwei der vergangenen acht Spiele, als Neunter dümpelt der hochambitionierte Club nur im grauen Mittelfeld herum. Genau dort, wo der Verein bereits vor knapp 100 Tagen stand, als Vorgänger Brendan Rodgers entlassen wurde. „Wurde Klopp vom limitierten Kader überrascht?“, fragte sich „The Times“. „Dies ist kein Team in Klopps Sinne. Es kann noch ein wenig länger dauern.“
Immer nur kurz deutete sich gegen das eigentlich harmlose Team von Trainer Louis van Gaal die Spiel-Idee des ehemaligen Dortmunders an. Der heutige Liverpool-Profi James Milner erinnerte sich an eine Partie in der Champions League gegen Klopps BVB im Oktober 2012, als er mit Manchester City Angriffe wie von einem „Bienenschwarm“ erdulden musste. „Am Sonntag war es eher ein Schmetterling“, witzelte „The Times“. „Und so stach er auch zu.“
Nur wenige Male hat Liverpool Klopps geforderten „Vollgas-Fußball“ gezeigt. Beim 4:1 bei Manchester City oder dem spektakulären 3:3 gegen den FC Arsenal war er durchaus sichtbar. Um in die Spitze der Premier League zu gelangen, müssen die Leistungen aber deutlich konstanter werden. „Ich mag Heavy Metal und bevorzuge es laut“, sagte Klopp einst in seiner Dortmunder Zeit. „Dazu hat er in Liverpool nicht das physische, aggressive und kraftvolle Team für“, urteilte „The Times“.
Der 18-fache englische Meister macht zusätzlich zu viele und einfache Fehler. Das 0:1 durch Wayne Rooney in der 78. Minute war bereits das siebte Gegentor in dieser Saison nach einer Ecke. Der schlechteste Wert in der Liga. „Vor dem Tor haben wir Fellaini aus den Augen verloren - Latte. Dann haben wir Rooney verloren - Tor. Drei Fehler rund um das Tor; dies ist zu viel“, schimpfte Klopp.
Im Angriff herrschte erneut Flaute. 25 Treffer in 22 Ligaspielen sind deutlich zu wenig, um in die Spitzengruppe zu gelangen. Der eigentliche Top-Stürmer Christian Benteke kommt unter Klopp nur als Joker zum Einsatz, Nationalspieler Emre Can besaß gegen United die besten Chancen. „Ich kann den Ball nicht über die Linie drücken“, erklärte Klopp. „Es ist aber mein Job, den Spielern zu helfen, dass sie in eine Situation kommen, in denen sie treffen können.“
„The Telegraph“ erklärt es so: „Die Persönlichkeit als Messias kann nicht das Versagen verbergen, Ecken zu verteidigen oder Torchancen zu verwandeln.“ Auf Klopp wartet viel Arbeit.