Seleção enttäuscht mit Dante - 1:2-Pleite gegen England

London (dpa) - Ronaldinho verging das breite Lächeln, spätestens als der neue, alte Hoffnungsträger der Seleção im 100. Länderspiel einen Elfmeter verschoss.

Der zweimalige Weltfußballer, dessen Trikot über dem Bauch schon spannte, war Brasiliens Sinnbild beim 1:2 (0:1) am Mittwochabend im Klassiker in Wembley gegen England. Zu Beginn der zweiten Trainer-Ära Luiz Felipe Scolaris. Nur 16 Monate vor der Heim-WM. „Felipão wird sein Gehirn anstrengen müssen, damit das Team bis zum nächsten Testspiel am 21. März gegen Italien funktioniert!“, schimpfte Brasiliens Sportblatt „Lance“.

Der „Independent“ bejubelte dagegen Englands ersten Sieg über den Rekord-Weltmeister seit 23 Jahren: „Rooney und Lampard lassen Brasilien zu einem englischen Beat tanzen.“ Die „Times“ befand zurecht, dass der kleine Wirbelwind Jack Wilshere vom FC Arsenal „zeitweise brasilianischer aussah als die Brasilianer“. Die Zeitung sah in dem 21-Jährigen, der auch den gehypten Neymar oder Chelseas Oscar (beide 21) austanzte, den „jungen Paul Gascoigne“.

Überhaupt zeigten sich die Three Lions gegen den Ex-Vorzeige-Talentschuppen wie schon bei der EM im Vorsommer inmitten eines vielversprechenden Generationenumbrauchs: Theo Walcott (23) und Danny Welbeck (22) gehört die Zukunft im Sturm. ManCity-Torhüter Joe Hart, der nicht nur beim Strafstoß gegen Ronaldinho (19. Minute) brillierte, ist 25 Jahre alt. Und nicht zu vergessen: Wayne Rooney, der zum 33. Mal im Nationaldress (26.) traf, ist auch erst 27.

Scolari gratulierte artig. „Ich bin nicht enttäuscht, das Spiel zu verlieren. Wir haben gegen ein starkes englisches Team mit starken Spieler gespielt und sie waren in gutem körperlichem Zustand“, sagte der 64-Jährige und erinnerte gelassen daran, dass Neymar und Ronaldinho derzeit in Brasilien Ligapause haben.

Das Motto bei Brasilien heißt unter dem Druck bis zur Heim-WM mit Titel-Pflicht: Zurück in die Zukunft. Dabei setzt man auch auf schon als abgehalftert verschriene Altstars wie Ronaldinho, Keeper Júlio César (34) oder Fred (29), den Torschütze zum 1:1 (48.). Das Trainer-Teammanager-Gespann Scolari (Weltmeister-Trainer 2002) und Carlos Alberto Parreira (Weltmeister-Trainer von 1994) ist zusammen 133 Jahre alt. FC-Bayern-Verteidiger Dante durfte mit 29 Jahren für die „verdeamarela“ debütieren. Dafür gab es ein Scolari-Sonderlob: „Ich bin sehr zufrieden, und ich glaube, dass die brasilianische Nationalmannschaft einen Verteidiger mehr für die Zukunft hat.“

Scolari wollte gar nichts davon wissen, dass der Zustand des auf FIFA-Weltranglistenplatz 18 abgerutschten fünfmaligen Weltmeisters besorgniserregend sein könnte: „Ich habe Kuwait trainiert und zuerst unentschieden gespielt, ich habe Brasilien trainiert (2001) und meine erste Partie verloren, ich habe Portugal trainiert und meine erste Partie verloren. Aber immer habe ich Titel gewonnen.“

Und England? Das jubelte über den vierten Sieg im 24. Spiel gegen Brasilien - nach 1956, 1984 und 1990. Komplimente bekam auch Dauerbrenner Frank Lampard nach seinem Siegtor. „Nicht gut genug für Chelsea, aber zu gut für Brasilien“, spottete die „Daily Mail“ - Lampard wird Chelsea im Sommer nach zwölf Jahren verlassen. Hodgson legte Lampard nahe, doch bitte auch künftig in Europa zu spielen.

Auch Hodgson selbst, in dessen neunmonatiger Amtszeit das Three-Lions-Image aufpoliert wurde, kassierte Lob nach seinem überhaupt ersten Duell gegen Brasilien. „B ROY ZIL“, titelte die „Sun“ und ergänzte mit englischem Humor: Hodgson sei der einzige England-Coach mit einem „100-Prozent-Rekord gegen Brasilien“.