Niersbach unter Druck - Rauball rückt ab

Frankfurt/Main (dpa) - In der Affäre um die WM 2006 wächst der Druck auf den früheren DFB-Chef Wolfgang Niersbach. Eine Woche vor der Veröffentlichung des Freshfields-Reports im Sommermärchen-Skandal belastete der „Stern“ den Spitzenfunktionär des Fußball-Weltverbands FIFA mit neuen Details.

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Wenig später vermied DFB-Interimschef Reinhard Rauball erstmals ein Bekenntnis zu Niersbach als deutschem Vertreter in den internationalen Fußball-Gremien. Niersbachs Zukunft hänge von den weiteren Ergebnissen der Aufklärungsarbeit ab, ließ Rauball vor dem FIFA-Kongress in Zürich durchblicken.

Niersbachs Position wurde durch die Veröffentlichungen des „Stern“ weiter geschwächt. Das Magazin berichtet in seiner neuen Ausgabe, dass der Deutsche Fußball-Bund die ominösen 6,7 Millionen Euro keineswegs dazu brauchte, um sich vor der WM von der FIFA einen kompletten Finanzierungszuschuss von 170 Millionen Euro zu sichern.

Die „Stern“-Recherchen des Hamburger Magazins belasten damit auch in gleich mehreren Punkten den als DFB-Präsident zurückgetretenen Niersbach. „Ich bin für mich selbst total im Reinen, und ich bleibe bei der Aussage, dass ich mich zu dem laufenden Verfahren nicht äußere“, sagte Niersbach.

Er und die weiteren Mitglieder des früheren WM-Organisationskomitees (OK) hatten bislang stets betont, dass die 6,7 Millionen Euro eine notwendige Garantie dafür gewesen seien, dass die WM überhaupt finanziert werden konnte. Dem Bericht zufolge hatte die FIFA den Deutschen allerdings bereits 100 Millionen Euro zugesichert. Die 6,7 Millionen seien demnach nur geflossen, um diesen Zuschuss noch einmal um weitere 70 Millionen zu steigern.

Laut „Stern“ habe Niersbach auch deutlich früher von diesem Geld gewusst, als bei seiner denkwürdigen Pressekonferenz zur WM-Affäre im Oktober 2015 eingeräumt. Außerdem spricht auch dieser Bericht dafür, dass die ominösen 6,7 Millionen am Ende bei dem mittlerweile lebenslänglich gesperrten FIFA-Funktionär Mohammed Bin Hammam aus Katar landeten und damit möglicherweise in den Wahlkampf von Präsident Joseph Blatter im Jahr 2002 flossen.

Das Magazin beruft sich in seinem Bericht auf ein zweiseitiges Papier des engen Niersbach-Vertrauten Stefan Hans. Das Papier wurde angeblich im November bei den Steuerrazzien in der DFB-Zentrale sowie in den Privathäusern mehrerer OK-Mitglieder gefunden.

Die 6,7 Millionen Euro stehen im Zentrum der gesamten Affäre. Der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus soll sie nach der WM-Vergabe 2000 für die deutschen WM-Macher an die FIFA überwiesen und 2005 zurückgefordert haben. Das WM-OK zahlte dem Franzosen das Geld auch über die FIFA zurück - allerdings getarnt als Beitrag zu einer WM-Gala, die nie stattfand. Am 4. März will die Wirtschaftskanzlei Freshfields ihren Untersuchungsbericht zu dem Skandal vorstellen. Die Ermittler waren vom DFB mit der Aufklärung beauftragt worden.

„Es war immer unsere Grundauffassung, dass wir sagen, wir wollen das aufklären. Es ist etwas, dass die Medien sehr, sehr intensiv aufbereitet haben und dem muss man nachgehen. Das haben wir getan“, sagte Rauball. Er erläuterte weiter: „Schritt zwei ist, jemand zu beauftragen, der das objektiv macht, außerhalb des DFB, in diesem Fall Freshfields. Das Dritte ist, die Ergebnisse vortragen, das Vierte ist, Konsequenzen überlegen. Fünftens Konsequenzen ziehen. Sechstens auf außerordentlichem Bundestag Entscheidungen zu treffen, wer neuer Präsident wird.“

Auf Nachfrage, was dies für Niersbach bedeute, ergänzte der Ligapräsident: „Das ist genau in dieses Raster eingeordnet. Da warten wir als nächstes den Bericht von Freshfields ab“, so Rauball. Niersbach ließ kurz zuvor keinen Zweifel, dass er seine Mandate bei UEFA (bis 2017) und FIFA (2019) nicht aufgeben will und sich durch das DFB-Präsidium unterstützt fühle.

Niersbach hatte im Oktober 2015 erklärt, erst zwei Tage zuvor von einer Zahlung über 6,7 Millionen Euro erfahren zu haben. Aus den Aufzeichnungen von Hans geht jedoch hervor, dass er bereits im Juni mit anderen OK-Mitgliedern darüber gesprochen habe. Auch aufgrund solcher Widersprüche und seines Krisenmanagements trat der 65-Jährige im November als DFB-Präsident zurück. Seinen Posten in der FIFA-Exekutive hat er jedoch weiter behalten.