Argentinien bereit: Dürfen Gelegenheit nicht verpassen
Belo Horizonte (dpa) - Im wichtigsten Spiel seit fast einem Vierteljahrhundert wollen sich Lionel Messi & Co. auch vom Ausfall ihres zweitbesten Spielers bei der WM nicht vom Weg ins Finale abbringen lassen.
„Wir sind an einer Stelle, an der Argentinien viele Jahre nicht war, und wir dürfen uns diese Gelegenheit nicht nehmen lassen“, sagte Mittelfeldchef Javier Mascherano vor dem WM-Halbfinale an diesem Mittwoch gegen Vizeweltmeister Niederlande - seiner Meinung nach die beste Kontermannschaft im Turnier.
„Es wird ein sehr schweres Spiel“, räumte Mascherano ein. Erst recht, weil die „Albiceleste“ ohne Ángel di María antreten muss. Die Befürchtungen bestätigten sich: Der umjubelte Achtelfinaltorschütze kann wegen einer Muskelverletzung im rechten Oberschenkel nicht spielen.
Ausgerechnet in dieser Partie. 24 Jahre, 26 WM-Spiele und 8771 Tage hat es gedauert. Nun können Mascherano, der beim bislang letzten WM-Halbfinale 1990 gerade mal sechs Jahre alt war und Kapitän Lionel Messi, damals ein Bub von drei Jahren, selbst Fußball-Geschichte für Argentinien schreiben. „Als wir hierhin gekommen sind, wusste jeder, was unsere Stärken und was unsere Schwächen sind“, meinte Ex-Weltmeister-Coach Carlos Bilardo, der auch 2014 zur Delegation der Argentinier zählt und 1986 sowie 1990 Trainer der Auswahl war.
Als Problemzone Nummer eins galt die Abwehr. Die Defensive sei gefestigt, stellte Bilardo aber nach fünf WM-Siegen und 8:3 Toren erfreut fest. „Und wir haben diesen Jungen, der dich kocht, wenn du ihn alleine lässt“, sagte Bilardo über Messi. Der 27-Jährige erzielte bislang die Hälfte der argentinischen WM-Tore in Brasilien, bereitete den 1:0-Siegtreffer im Achtelfinale gegen die Schweiz vor und leitete auch das Tor zum 1:0 über Belgien und damit den Einzug in die Runde der besten Vier mit WM-Gastgeber Brasilien, Deutschland und den Holländern ein.
„Ein weiterer kleiner Schritt“ sei das, mehr ist es noch nicht für Messi. Nach dem tragischen Verletzungs-Aus von Brasiliens Neymar, dem WM-Ende von James Rodriguez mit Kolumbien und dem ganz frühen Aus für Portugals Cristiano Ronaldo ist der Weg für Messi zum Superstar der WM 2014 fast frei.
Allerdings muss sein Trainer Alejandro Sabella die Mannschaft schon wieder umbauen. Für di María wird Enzo Pérez in die Startelf rücken, der 28-Jährige hatte sich nach seiner Einwechslung gegen Belgien gleich nahtlos eingefügt in die taktisch und spielerisch immer besser funktionierende Mannschaft. Spekuliert wird, ob anstelle von Ezquiel Lavezzi womöglich diesmal Rodrigo Palacio von Beginn an ran darf.
Auf wen auch immer die Wahl für die ersten Elf fällt, der Ausfall di Marías gegen die konterstarken Holländer um Bayern-Profi Arjen Robben wiegt schwer. Neben Messi zeigte der schnelle Dribbler, Vorbereiter und Torschütze in allen WM-Spielen bislang eine starke Leistung, seit Wochen ist der „Man of the Match“ des gewonnenen Champions-League-Finales mit Real Madrid in einer bestechenden Form.
Da vermutlich Sergio Agüero nach seiner Oberschenkelverletzung noch kein Kandidat für volle 90 und gegebenenfalls 120 Minuten sein dürfte, ist von den „4 fantásticos“ vorerst nur noch ein vermeintliches „Dream-Duo“ mit Messi und Viertelfinal-Torschütze Gonzalo Higuaín übrig. Agüero brauchte zehn Tage, bis er zumindest wieder auf der Bank gegen Belgien Platz nehmen konnte. Di María bleibt gerade mal eine knappe Woche fürs Finale am kommenden Sonntag in Rio de Janeiro - oder das Spiel um Platz 3 tags zuvor in Brasília.