Erinnerung an Pfaff und Co.: Revanche für '86

Brasilia (dpa) - Der große Jean-Marie Pfaff kam zu spät aus seinem Tor. Auch Enzo Scifo schaute dem überragenden Diego Maradona hilflos hinterher. Am Ende blieb dem späteren Bundesliga-Trainer Eric Gerets nur noch übrig, den Ball kopfschüttelnd aus dem Netz zu holen.

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So erging es dem kleinen Belgien, als es 1986 schon einmal ein großes WM-Spiel gegen Argentinien bestritt. Die „Roten Teufel“ hatten in Mexiko überraschend das Halbfinale erreicht - und verloren dort gegen den späteren Weltmeister dank zweier Maradona-Tore mit 0:2.

Am Samstag geht es wieder gegen Argentinien. Es ist diesmal zwar „nur“ ein Viertelfinale in Brasilia, aber die Herausforderung ist deshalb nicht kleiner. Der neue Maradona heißt Lionel Messi, und wieder suchen die Belgier ein Mittel gegen einen einzigen Spieler, der scheinbar alle anderen überragt.

„Wir wissen, dass sie den besten Spieler der Welt in ihrem Team haben. Aber wir haben keine Angst. Wenn wir ihn stoppen, haben wir eine Chance“, sagt Stürmer Eden Hazard vom FC Chelsea. „Ich weiß zwar nicht, wie wir das schaffen wollen, aber wir werden uns einige Videos anschauen und es dann versuchen.“

Bei dieser WM ist Hazard der Star der „Roten Teufel“. Er ist wenn man so will der neue Enzo Scifo, der vielleicht schon besser ist, als es der frühere Spielmacher von Inter Mailand und AS Monaco jemals war. Der Vergleich der aktuellen Mannschaft mit der damaligen ist ein großes Thema in Belgien. Vor dem Spiel gegen Argentinien brachte die Zeitung „Le Soir“ die Helden von 1986 noch einmal auf dem Brüsseler Rathausbalkon zusammen. Dort wurden sie seinerzeit nach ihrer Rückkehr aus Mexiko gefeiert.

Die einen im Land fragen sich: Sind Hazard, Kevin de Bruyne und Axel Witsel schon so gut wie Pfaff und Co., die ja in Wahrheit die Helden der gesamten 80er Jahre waren, weil sie 1980 das EM-Finale gegen Deutschland (1:2) erreichten und 1982 das WM-Eröffnungsspiel gegen Argentinien mit 1:0 gewannen. Die anderen hoffen, dass die neue Generation irgendwann die Titel holen wird, die der alten am Ende immer verwehrt blieben.

Die 86er-Mannschaft bestand zu einem Großteil aus bärtigen Haudegen um die 30. Hazard, de Bruyne oder auch Kapitän Vincent Kompany dagegen gelten als Auswahl von Hochbegabten, die ihren Zenit noch lange nicht erreicht hat. „Wir wollen den 86ern in die Geschichtsbücher folgen“, meint Hazard. „Deshalb ist das Spiel gegen Argentinien auch so wichtig für unsere Generation. Es ist vielleicht sogar das größte Spiel in meinem Leben.“

Bayern-Verteidiger Daniel van Buyten ist einer der wenigen Spieler in diesem sehr jungen belgischen Team, der vor 28 Jahren schon auf der Welt war. „Ich war damals noch klein, aber ich saß natürlich wie alle anderen Belgier vor dem Fernseher“, erzählt er. „Damals hat das ganze Land vibriert, und das ist jetzt sogar noch eine Stufe mehr. Wir werden gegen Argentinien versuchen, es besser zu machen als die Mannschaft von 1986. Das ist für uns sogar noch eine kleine Extra-Motivation.“

Abgesehen vom Talent und der Jugend ist das wahrscheinlich der größte Unterschied zwischen beiden Generationen. „Wir haben jetzt eine Mannschaft mit einer neuen Mentalität“, sagt Trainer Marc Wilmots. Die hat keine Angst vor Messi und ist sich sicher: Wir können Argentinien schlagen. „Wir werden an unser offensiven Philosophie festhalten“, verriet Wilmots in der Abschluss-Pressekonferenz. „Wir können Geschichte schreiben. Die Spieler wissen das. Wir haben keinen Druck und müssen unsere Sieger-Mentalität behalten.“ Messi hin oder her.

Die 86er dagegen erstarrten geradezu in Ehrfurcht vor der argentinischen Nummer 10. „Maradona war unglaublich in diesem Halbfinale. Was der mit dem Ball gemacht hat, war nicht von dieser Welt“, sagt der damalige Verteidiger Michel de Wolf noch heute. Seinen Nachfolgern gibt er nur Eines mit auf den Weg: „Du musst an deine Chance glauben. Das ist das Wichtigste.“