Klinsmanns Trainingslager: Kein „California Dreamin'“

Palo Alto (dpa) - Der Himmel ist blau, die Temperaturen sind angenehm: der Großraum San Francisco präsentiert sich wie aus dem Urlaubskatalog. Doch Jürgen Klinsmann und seine 30 Spieler der US-Fußball-Nationalmannschaft haben keine Zeit, das Wohlfühlwetter zu genießen.

Foto: dpa

Von wegen „California Dreamin'“. Die Profis des deutschen Gruppengegners schuften, schwitzen und schinden sich unter der kalifornischen Sonne. Am 14. Mai hat Klinsmann den Countdown für die Weltmeisterschaft begonnen und seitdem sein Team in Palo Alto, 50 Kilometer südlich von San Francisco, zusammen. Hier, im 50 000 Zuschauer fassenden Football-Stadion der berühmten Stanford University, wollen die US-Kicker den Grundstein für eine erfolgreiche WM legen. Ihr Ziel: die starke Gruppe mit Deutschland, Portugal und Ghana zu überstehen.

„Wir haben einige Arbeit vor uns, aber wir lassen trotzdem den Spaß nicht zu kurz kommen“, betont Klinsmann. Der ehemalige Bundestrainer verpasste der einheimischen Major League Soccer (MLS) einen Seitenhieb, indem er hervorhob, dass „viele unserer Jungs nicht die gleiche Basis haben wie die Gegner.“ Es war eine Anspielung auf den MLS-Saisonstart im März. Die Hälfte seines 30 Spieler umfassenden Kaders besteht aus MLS-Profis. Diese, so Klinsmann, hätten weitaus weniger Spiele absolviert als die Gegner, deren Profis in Europa eine zehn bis elf Monate dauernde Saison hinter sich haben. Und eben deshalb habe man einiges aufzuholen, erläuterte der Schwabe.

Klinsmann lässt bis zu zweimal täglich trainieren - vor allem mit dem Ball. „Wir rennen nicht stundenlang durch den Wald - obwohl wir hier einen schönen Wald haben“, flachste der 49-Jährige. Drei Testspiele gegen Aserbaidschan, die Türkei und Nigeria sollen ihm Aufschlüsse geben. „Alles, was wir machen, ist mit Tempo, taktischer Ausrichtung und hoher Intensität - und alles ist auf Ghana ausgerichtet“, sagt Klinsmann. Ghana ist Auftaktgegner am 16. Juni in Natal, und Ghana hatte 2006 und 2010 jeweils die WM für die Amerikaner beendet.

„Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir uns auch in einer starken Gruppe behaupten können. Wir sind aber auch schon in einer starken Gruppe gescheitert. Deshalb kommt es auf einen guten Start gegen Ghana an“, sagt DaMarcus Beasley. Der Ex-Hannoveraner ist einer von vier ehemaligen Bundesliga-Profis im Kader. Auch Mittelfeld-Regisseur Michael Bradley kennt die deutsche Liga aus seinen Tagen bei Borussia Mönchengladbach bestens und freut sich auf das Duell mit der DFB-Elf am 26. Juni in Recife.

„Deutschland hat bei den vergangenen großen Turnieren immer mindestens das Halbfinale erreicht. Ich denke, dass sie deshalb ein wenig unter Druck stehen, wieder so weit zu kommen und diesmal sogar endlich den Titel zu holen“, sagte der 26-Jährige. Bradley sieht sein Team nicht nur aufgrund seines deutschen Cheftrainers und des deutschen Team-Beraters Berti Vogts gerüstet. „Wir kennen die Spieler gut, haben einige Leute bei uns, die in der Bundesliga spielen oder dort gespielt haben.“

In Timmy Chandler (Nürnberg), Fabian Johnson (Hoffenheim), John Brooks (Hertha BSC) und Julian Green (Bayern München) stehen vier Profis in Deutschland unter Vertrag. Wie sie haben auch Terrence Boyd (Rapid Wien) und Jermaine Jones (Besiktas Istanbul) einen amerikanischen Vater und eine deutsche Mutter. In den US-Medien war bereits von den „Germaricans“ („New York Times“) die Rede. Jones spricht von einem „gemischten Haufen, aber dennoch tragen wir alle das amerikanische Trikot. Und im Endeffekt kommt es nicht darauf an, wo du geboren bist, sondern wie du dein Land vertrittst.“

Der ehemalige Schalker hatte immer gehofft, für Deutschland bei einer WM spielen zu können. Als dieser Traum nicht in Erfüllung ging, wechselte er den Verband. Der 32-Jährige sagt: „Das ist jetzt meine letzte Chance, bei einer WM dabei zu sein. Darauf habe ich die ganzen Jahre hingearbeitet und will sie mir jetzt nicht mehr nehmen lassen.“